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Das Mutesheer bei Wurmlingen

  Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

Vor etwa 40 Jahren stand ein Bürger aus Wurmlingen nachts um halb 1 Uhr auf, nahm seine Sense und ging ins Ammertal, um seine Wiese abzumähen. Ehe man aber von Wurmlingen aus in das Wiesental gelangt, trifft man an dem Feldweg auf ein hölzernes Kreuz. Hier hörte der Mann nun ein gewaltiges Getöse und Getrapp vom Ammertal her auf sich zukommen, und erkannte bald, dass es eine Art Wagen und doch kein rechter Wagen war. In demselben saßen viele hundert Menschen, die alle ein lautes Gespräch führten. Allein er verstand nichts davon. Als der Wagen ganz nahe war, hielt er an, und die Leute fragten ihn, wohin der Weg führe, der da rechts an dem Kreuz vorbeigehe. Der Mann antwortete ihnen, dass man auf diesem Weg nach Wendelsheim und Seebronn komme. So wie er aber dies gesagt hatte, griff einer aus dem Wagen nach ihm und hielt ihn fest. Darauf entstand ein schrecklicher Sturm, der ihn samt allen, die auf dem Wagen waren, eine Viertelstunde weit durch die Luft führte. Während dieser Luftfahrt erhoben die Leute ein fürchterliches Gelächter. Endlich ließ man ihn los, worauf er plötzlich zu Boden fiel. Diese wilden Haufen, die nichts anderes als das Mutesheer waren, flogen dann unter fortwährendem Gelächter durch die Luft auf Wendelsheim zu.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852