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Das Mutesheer tanzt
Eine mündliche Überlieferung aus Kalmbach
Zwei Musikanten aus Zavelstein spielten einmal in einem benachbarten Ort auf der Kirchweih und begaben sich nachts noch vor 12 Uhr auf den Weg nach Hause. Da begegneten ihnen zwei Reiter und sagten, sie sollten doch mit ihnen gehen, was sie auch taten. Darauf kamen sie in ein vornehmes Wirtshaus, woselbst Herren und Damen aus goldenen Bechern tranken. Die Spielleute bekamen gleichfalls aus solchen Bechern zu trinken und mussten dann spielen, indem die ganze Gesellschaft tanzte. Als sie endlich müde wurden, sagten sie heimlich zueinander: »Wenn wir für unser Spielen nur einen solchen Becher bekämen!« Und schoben bei Gelegenheit jeder einen Becher in die Tasche. Bald darauf übermannte sie der Schlaf und sie schliefen in einer Ecke des Zimmers fest ein. Als sie am anderen Morgen erwachten, lagen sie oben auf dem Galgen bei Weilerstadt. Anstatt der Becher aber hatte jeder den Huf eines Kuhfußes in der Tasche. Da erkannten die Spielleute, dass sie einer Hexenversammlung oder dem Mutesheer aufgespielt hatten, zerschlugen aus Ärger ihre Geigen und haben seit der Zeit nie und nimmer wieder spielen wollen.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852