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Das Mutesheer in Mittelstadt 1

Das Mutesheer hat man in Mittelstadt besonders zur Weihnachtszeit gehört. Man ssgt, es sei ein gewaltig großer Wagen, der ganz gedrängt voll sei, sodass man nichts als Köpfe drin sehe, und der fahre so rauschend und rasselnd durch die Luft, als ob es der Teufel mit seinen Heerscharen wäre. Eine Stimme aber ruft vor dem Wagen her:

Außem Weg, außem Weg!
Dass niemand beschädigt werd!

Wer diesen Ruf hört, muss sich nur sogleich mit dem Gesicht zur Erde werfen und sich am Boden, und wär es auch nur an einem Grashalm, festhalten. Dann kann ihm nichts geschehen. Eine andere Stimme aber von einem, der nicht mit im Wagen sitzt, schreit hinter dem Zug beständig her:

Wär i au g’schirrt und g’gürt’t,
so käm i au dernah.

Andere haben das Mutesheer auch schon auf folgende Art fahren sehen. Vier weiße Schimmel zogen einen Wagen, in welchem ein einziger großer Mann stand. Man sagt, es komme ein gutes Jahr, wenn man das Mutesheer recht sausen hört.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852