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Ranzenpuffer 2

  Eine schriftliche Mitteilung vom Einsiedel

In Rübgarten, Gniebel und Walddorf wird der Ranzenpuffer »Brüller« und »Reiter« genannt. Den Holzgängern erscheint er gern als Jäger, pufft sie erst recht herum und gibt ihnen dann Holz, das sich aber beim Heimkommen in stechende Dornen verwandelt. Auch setzt er sich wohl selbst ihnen auf das Holzbündel, damit sie meinen sollen, es sei recht viel. Die Jäger neckt er, indem er tut, als ob Holzdiebe im Wald wären und bald hier, bald dort Holz haut. Er verwandelt sich gern in Hunde, Schweine und Kälber und erschreckt die Leute durch Brüllen. Besonders soll er es auf die Schlafenden abgesehen haben. Diesen brüllt er oft ungeheuer stark ins Ohr und verschwindet dann. Selbst in die Häuser kommt er, stellt sich hinter die Bettlade und brüllt. Ist das vorbei, so grunzt er wie ein Schwein und geht auch fort in der Gestalt eines Schweins.

Sehr gewöhnlich macht er im Wald ein so erbärmliches Geschrei, als ob jemand von einem Baum heruntergefallen wäre. Läuft dann einer dahin und will helfen, so erhebt er dasselbe Geschrei an einer anderen Stelle und treibt das so fort, bis er genug hat. Dann brüllt er aber dem Suchenden dermaßen ins Ohr, dass schon mancher auf mehrere Wochen lang das Gehör dadurch verloren hat.

Gefährlich ist der Ranzenpuffer nur, wenn er sich zu Pferde zeigt, zumal im »Brand«, in dem Wäldchen, durch welches der Weg von Einsiedel nach Pfrondorf führt.

Ein Strohschneider auf dem Einsiedel, der die Kusterdinger Steig herunterging, hörte ihn einmal weit in der Ferne brüllen und sagte: »Ach, halt einmal ‘s Maul! So schreien kann ich auch.« Da bekam er aber ein paar so unerhörte Ohrfeigen, dass er in den Graben fiel und den Mund voll Dreck bekam. Einige sagen, der Ranzenpuffer sei ausgewandert in die Schweiz, weil er sich schon lange nicht mehr hat hören lassen.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852