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Der Schimmelreiter bei Nehren

  Eine mündlich Überlieferung aus Immenhausen bei Stockach

Ein Mann aus Stockach bei Tübingen hatte mit seinem Sohn den Markt in Thalheim besucht. Als sie abends heimkehrten und eben bei der Nehrener Kelter waren, sagte der Sohn zum Vater: »Da kommt ein Reiter, wir müssen aus dem Wege gehn!«

Und wie er kaum die Worte ausgesprochen hatte, sauste ein Mann auf einem großen Schimmel an ihnen vorbei, und sie sahen ganz deutlich, dass der Mann keinen Kopf hatte, sondern denselben wie einen Hut unterm Arme trug. Da erschracken sie heftig und konnten den Weg nicht mehr finden. Wie sie aber eine Weile gegangen waren, fielen sie tief einen Berg hinunter, ohne dass sie Schaden genommen hätten. Aber sie konnten schier nicht wieder hinaufkommen. Mit einem Mal standen sie vor einem großen Wasser. Da erschien der Schimmelreiter abermals, jagte an dem Wasser beständig auf und ab, ritt endlich über das Wasser hin und verschwand. Die Männer aber mussten noch die ganze Nacht in der Irre herumlaufen und kamen am anderen Morgen wieder nach Nehren. Da erzählten sie viel von dem, was sie gesehen, und von der Angst, die sie ausgestanden hatten.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852