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Das Täufermännle
Eine mündliche Überlieferung
Zwischen Schramberg und Jackendorf fließt das kleine »Täuferbächle«, über das musste jeden Samstag ein Bauer, wenn er nach Rottweil ging. Auf dem Steg aber hielt ihn jedes Mal ein Männlein an, das in dem Bach lebte und das Täufermännle genannt wurde, und wollte ihn nicht hinüberlassen, bis der Bauer endlich zu ihm sagte: »Wer du auch sein magst, lass mich doch gehen! Ich will dir auch gern einen Wecken mitbringen.«
Da ließ es ihn frei passieren, ebenso als er zurückkam und dem Täufermännle den versprochenen Wecken gab. Der Bauer merkte sich das und brachte seit der Zeit dem Männle immer einen Wecken mit, wenn er nach Rottweil ging, und konnte dafür ungehindert über den Bach schreiten. Einst jedoch dachte er, es sei wohl nicht mehr nötig, zumal er schon so manchen Wecken für das Männlein gekauft hatte, und brachte dieses Mal keinen mit. Dafür wurde er aber auch von dem Täufermännle, als er mitten auf dem Steg war, ins Wasser geworfen.
Ebenso hielt sich bei dem Dorf Schlier (im Oberamt Ravensburg) unter einem Steg ein Geist auf, der keinen Menschen ruhig über das Wasser gehen ließ, wenn man ihm nicht ein Stück Brot mitbrachte.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852