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Die zwei Meerfräulein bei Dimbach
Eine mündliche Überlieferung aus Grantschen
Bei Dimbach, unweit Weinsberg, wohnten in einem Brunnen zwei Meerfräulein, die sah eines Tages ein Mann, der vorbeiging, Kuchen backen und bat, dass sie ihm davon abgeben möchten.
Da sagten sie: »Ja, wenn er zurückkäme.«
Und als der Mann zurückkam, fand er wirklich an dem Brunnen zwei Viertel eines Kuchens.
Diese Meerfräulein waren klein wie Kinder und reichten, wenn sie des Abends zuweilen die Leute in Dimbach besuchten, nur bis an den Tisch. Sie sangen sehr schön, gingen aber immer mit dem Schlag zehn wieder fort. Einmal jedoch verspäteten sie sich. Da klagten sie sehr und sagten ihr Schicksal voraus: Wenn das Wasser aus dem Brunnen rot laufe, so bedeute das ihren Tod. Als man darauf nach dem Brunnen sah, war das Wasser wirklich rot gefärbt, und seither sind auch die beiden Meerfräulein nicht mehr gesehen worden.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852