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Sagen vom Huzenbacher See 6
Mündliche Überlieferungen aus Huzenbach
Im Huzenbacher See wohnte ehemals ein böses Weib. Sie war besonders den Buben gefährlich. Wenn einer in die Nähe kam, so packte sie ihn auf, trug ihn zum See, wo sie ihn lebendig fraß. Doch sind jetzt die Knaben von der Nixe verschont, weil sich eine Geschichte mit ihr zugetragen hat, seit welcher sie die Kinder in Ruhe lässt. Eine Köhlerfrau hatte ein kleines Knäblein in der Wiege daheim und war in den Wald gegangen, um Heidelbeeren für ihren Mann zu suchen. Als sie wieder heimkam, hörte sie schon von Ferne ihr Kind entsetzlich schreien und fand statt ihres Söhnleins einen gräulichen Wechselbalg in der Wiege, der hatte einen Kopf wie ein Sester, Augen wie ein Kalb, war aber sonst am ganzen Leib mager und fahl, wälzte sich in seinem Kot und krächzte wie ein Rabe. Die Mutter war in großer Not. Als aber ihr Mann heimkam, so bat sie ihn, den Unhold mit Ruten zu hauen. Das tat er denn auch, während sein Weib vor dem Haus ihr Gebet verrichtete. Da hörte sie auf einmal ihr Söhnlein am See weinen, denn ihr Haus stand nahe daran. Sie sprang hin und fand ihr rechtes Kind am Ufer liegen. Ihr Mann trug darauf den Wechselbalg an dieselbe Stelle, wo sein Kind am See gelegen hatte. Als die Nixe das sah, fuhr sie auf den Wechselbalg los, zerriss und fraß ihn und verschwand. Der See fing aber schrecklich an zu brausen und zu toben. Man glaubt, die Nixe sei über diesen Fraß, woher es auch komme, dass die Kinder jetzt vor ihr Ruhe haben.
(Oberst Medicus, in Mone’s Anzeiger, 1834, S. 92 f. Der Ausdruck Nixe ist übrigens dem Volk hier nicht bekannt.)
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852