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Der Schatz auf dem Protschenberge - Dritte Sage

  Ziehnert III. S. 265. 
  Grässe S. 472.

Ein Mann, Namens Reichard, aus der Seydau hatte nicht nur von dem Schatze und ihren Wächtern auf dem Protschenberge, sondern auch von einem kleinen grauen Männchen gehört, welches zur Hebung desselben behülflich sein könnte. Er beschloß das Wagstück zu unternehmen, nahm von den Seinen rührenden Abschied und begab sich bei finsterer Mitternacht auf den Weg.

Und richtig, kaum hatte er den Gipfel des Berges erreicht, da stand auch vor ihm das kleine graue Männchen mit einem langen weißen Bart. Als sich Reichard vom ersten Schreck erholt hatte, faßte er sich ein Herz und fragte das Männlein, wer es sei und was es hier treibe. Froh und hastig erwiederte dasselbe: Ich bin ein Geist aus diesem Berge und bin um eines Versehens willen von den andern Berggeistern verdammt, hundert Jahre lang allnächtlich diesen Berg auf- und abzusteigen, bis meine Stunde der Erlösung kommt. Habe Dank, daß Du mich gefragt, Du bist mein Erlöser und darfst nun auch den großen Schatz heben, der in dem Berge verborgen ist.

Reichard weigerte sich, das allein zu thun, und das Männlein erlaubte ihm, seinen Bruder dazu zu holen. Als sie nun mit Hacke und Schaufel ankamen, gebot ihnen das Männlein, wenn Stimmen aus der Tiefe sie fragen würden, was sie mit dem Schatze machen wollten, ja nicht zu antworten und sich durch Drohungen nicht erschrecken zu lassen. Die Brüder fingen an zu graben und fanden den Schatz. Als sie ihn aber heben wollten, erscholl aus der Tiefe eine furchtbare Stimme. Die Schatzgräber schwiegen. Die Stimme drohte sie zu tödten, wenn sie nicht Antwort gäben. Da ward Reichards Bruder doch ängstlich und antwortete, daß sie sich damit ein frohes Leben zu verschaffen gedächten. Da sank der Schatz mit donnerndem Gepolter in die Tiefe.

Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862