Die Sage von der Froschleiter II
Vor vielen, vielen Jahren herrschte im Spreewald eine große Dürre. Viele der Nebenfließe der Spree waren wegen der lang anhaltenden Trockenheit fast ausgetrocknet. So war es auch mit der Radduscher Kahnfahrt. Auch sie hatte täglich immer mehr Wasser verloren und bald war nur noch ganz wenig Wasser in ihr. In der Nähe der Radduscher Kaupen, beim Haus des wendischen Bauern und Fischers Jedro, lebte zu dieser Zeit eine Vielzahl von Wasserfröschen, die von einem großen, dicken alten Frosch angeführt wurden. Die ständige Hitze bei Tag und in der Nacht machte nicht nur dem Fischer Jedro zu schaffen, auch die Wasserfrösche litten darunter.
Jedro freute sich immer, wenn abends und am frühen Morgen die Frösche ihr Konzert gaben. Tag für Tag nahm dieses Konzert der Frösche ab. Eines Tages merkte Jedro, dass die Frösche am Abend nicht mehr ihr Froschkonzert abhielten. Er lief zum Ufer der Kahnfahrt und sah, dass nur noch ganz wenig Wasser im Fließ war und alle Frösche fast reglos auf dem Grund lagen. Am nächsten Morgen blieb wieder das Konzert der Frösche aus. Erst gegen Mittag, als die Sonne hoch am Himmel stand, begann ein fürchterliches Froschgequake. Jedro lief schnell zum Ufer. Plötzlich begann der alte, dicke Frosch zu sprechen: „Jedro, hilf uns, das Wasser ist soweit zurückgegangen, das wir nicht mehr an Land können. Bitte hilf uns, wir werden es dir lohnen!“
Jedro wusste vom Nutzen der Frösche gerade in den feuchtwarmen Sommertagen. Er lief zurück ins Haus und überlegte, wie er den Fröschen helfen könnte. Bald darauf hatte er eine Idee. Aus dem Weidenholz und einigen Erlenstöckchen baute er schnell eine kleine Leiter. Dann lief er schnell zum Fließ und stellte die Leiter hinein.
Sie reichte vom Grund bis zur oberen Uferkante, die hier besonders hoch war. Nach und nach kam ein Frosch nach dem anderen ans Ufer und verschwand im Busch. Jeden Abend und Morgen konnte Jedro nun wieder das Froschkonzert hören. Wochen später verging die Trockenheit und heftige Regengüsse ließen die Fließe ansteigen, so hoch, dass sie die Wiesen - und Ackerflächen überschwemmten. Dazu folgte eine große Hitze. Überall kam es zu einer großen Mücken- und Fliegenplage. Nur Jedro merkte hier auf den Radduscher Kaupen nicht viel davon. Die Frösche haben ihr Versprechen gehalten und sorgten dafür, dass Jedro von dieser Plage verschont blieb.
Als die große Plage vorbei war, nahm Jedro die Leiter aus dem Fließ und nagelte sie an seine Hauswand. Er sagte sich, weggeworfen ist schnell, vielleicht kann sich sie in späterer Zeit in solcher Lage wieder für die Frösche nutzen.
Heute noch ist beim alten Haus des Fischers Jedro eine Leiter im Fließ zusehen und die Radduscher Kahnfährmänner erzählen dann den Touristen beim Vorbeifahren, die Geschichte von der Froschleiter.
Quelle: Quelle: Manfred Kliche, Geschichten, Anekdoten und Sagen von und um Raddusch; Vetschauer Mitteilungsblatt, Teil 11, Nr. 5/2015, Seite 16; www.raddusch-spreewald.de