<<< zurück | Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurtal | weiter >>>
Die selige Christina
Nach alten Erzählungen soll die selige Christina in einer Felsenhöhle in Nideggen - und zwar im Jungholz - als Einsiedlerin in sehr ärmlichen Verhältnissen gelebt haben. Diese Höhle befand sich in Nähe einer großen Felspartie, welche später ihr zu Ehren Christinenley genannt wurde.
Das Wasser für ihren täglichen Bedarf musste sie sich aus der Rur holen. Die nächsten Nachbarn, sowie weitere große Teile der Bevölkerung, konnten jedoch Christina nicht besonders leiden, mieden sie und hatten kaum Kontakt zu ihr. Daher starb sie einsam und verlassen. Keiner vermisste sie. Erst Tage nach ihrem Tod wurde sie von Holzfällern in ihrer Höhe aufgefunden.
Da sie in Nideggen gestorben war, sollte sie auch hier auf dem Friedhof beerdigt werden. Am Tag nach der Beerdigung staunte man nicht schlecht, da ihr Sarg oben auf dem Grab stand. Dies wiederholte sich mehrfach. Die Leute sagten: „Wir haben sie verachtet und gedemütigt, ausgelacht und beschimpft, obwohl sie uns nie Anlass dazu gegeben hat, daher will sie hier nicht begraben werden“.
Man legte den Sarg auf ein Pferdefuhrwerk, verband den Pferden die Augen und trieb die Tiere an. Diese nahmen den direkten Weg nach Jülich und blieben an der Kirche stehen und waren nicht mehr von der Stelle zu bewegen. Nunmehr wusste man, dass sie in Jülich beerdigt werden wollte und man setzte sie in der Kirche bei.1)
Quelle: Heinrich Hoffmann, Zur Volkskunde des Jülicher Landes, Sagen aus dem Rurtal, 1911, Nr. 61