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Die Sage von der Mückenberger Teichrose

  Schriftenreihe „Die Schwarze Elster" sowie „Das Ländchen", Nr. 8, 1927;
  Lehrer Huth und Bornschein, Heimatkunde des Kreises Liebenwerda, 1907

In alten Zeiten stand in der Nähe von Mückenberg ein mächtiges Schloß. Darin wohnte ein Graf mit seiner Tochter. Ihr Gesicht war so schön wie keines mehr, ihre Augen strahlten wie Sterne, ihr Herz war weich und mild und ihre Stimme erklang so lieblich, daß die Waldvöglein schwiegen, wenn sie sang. Sie war am liebsten für sich allein und hielt manch innige Zwiesprache mit den Tieren, denn ihr Vater war rauh und wortkarg. Sie fürchtete ihn mehr, als sie ihn liebte. Eines Tages hatte der Vater auf der Jagd einen steinreichen Grafensohn kennengelernt, den bestimmte er zum Gemahl seiner Tochter und lud ihn aufs Schloß ein. Die Tochter aber wies ihn ab, denn sie hatte bereits dem schmucken Schloßjäger ihr Herz geschenkt. Darüber erzürnte der Graf sehr, denn er wollte Reichtum zu Reichtum legen. Jedoch sein Kind blieb standhaft. Da ließ der harte Vater, um ihren Willen zu brechen, ein kleines Häuschen auf eine kleine Insel mitten in den Frauenteich hineinbauen und setzt sie dorthin als Gefangene.

So erhielt der Frauenteich auch seinen Namen. Sie ertrug ihr Los geduldig. Ihre Gedanken weilten immer bei ihrem Geliebten und manchen Gruß trug der Wind zu ihm hinüber. Wenn die Sonne schlafen gegangen war und der Mond am Himmel stand, dann sang sie leise:

„Die Vöglein sind zur Ruh,
die dunkle Nacht bricht ein,
still glänzt des Mondes Sichel,
schlaf ein, mein Lieb schlaf ein!

Die lieben Sternlein leuchten
und schauen ins Kämmerlein,
sie sollen schön dich grüßen,
schlaf ein, mein Lieb, schlaf ein.“

Und wenn sie geendet hatte, dann sprach ein Echo leise:

„Schlaf ein“!

Zwei Monate hatte die verstoßene Grafentochter bereits im Gefängnis ausgehalten, da kam die Erlösung. Es war ein linder Sommerabend, da lag sie auf den Knien und flehte, wie schon so oft, um Befreiung, doch heute so tief und innig, daß es zum Erbarmen war. Und siehe, da wuchsen aus dem Grund des Sees saftige, lange Stengel und entfalteten auf der Oberfläche des Wassers ihre großen runden Blätter und bauten vor dem Häuschen bis zum Ufer hin eine große Brücke; blendende weiße Blüten brachen auf und leuchteten zur Flucht. Leichtfüßig huschte das Mädchen darüber hin, immer von einem Blatt zum anderen springend. Sie erreichte glücklich das Ufer und sank in des Geliebten Arme. Als der Graf dieses Wunder vernahm, erweichte sich sein harter Sinn und er willigte in die Wahl seiner Tochter ein.

Die Blume aber, die so helfend und schützend die Liebenden zusammengeführt hatte, öffnete nie wieder nachts ihre Blüten wie damals, sobald die Sonne untergeht schließen die Teichrosen ihre hellen Blüten und schlafen. Und wo war der See? Wenn man von Lauchhammer Süd (also Dolsthaida) nach Unterhammer geht, war dort kurz zuvor auf der rechten Seite der Frauenteich…

Quelle: Sagen aus dem Heimatkreis Finsterwalde 2017. Nr. 7