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Kurlenhorst

  Joh. Weichard topographisch - historische Beschreibung des Herzogthums Crain 1. VII. c. 16.

Zwei mannsüchtige Bauernmädchen gingen in der Christnacht in einen kleinen Wald, um dort im hellen Spiegel eines Brünnleins zu sehen, wer ihr zukünftiger Bräutigam sein solle. Ein junger Bauer hatte davon gehört, und weil er gern eines der Mädchen zur Frau gehabt hätte, ging er heimlich früher an die bezeichnete Stelle und kletterte auf einen Baum, der den Brunnen beschattete, um dem Mädchen von da sein Gesicht im Wasser zu zeigen; denn, meinte er, wenn sie ihn in dem Brunnen gesehen hätte, dann würde sie nicht anstehen, ihn zum Manne zu nehmen.

Er saß nicht lange da, als die beiden Mädchen auch kamen. Er hielt umsomehr dafür, daß sein Anschlag glücken müsse, weil er ihnen abgelauscht hatte, daß sie bei dem ganzen Unternehmen kein Wort sprechen, nicht nach oben und nicht hinter sich sehen dürften; so nämlich hatte die alte Hexe, welche ihnen den Handel angerathen, sie gelehrt. Während die Mädchen nun in das Wasser schauten, um ihres Zukünftigen Gesicht darin zu entdecken, reckte er sich, so viel er konnte, von seinem Aste herüber, damit sie sein Gesicht recht deutlich sehen sollten. Indem aber wurde der Ast, der vielleicht von Alter gebrechlich und schwach, vielleicht auch von Natur nicht stark genug war, eine solche Last zu tragen, ihm ungetreu und brach plötzlich, so daß er mit dem Bauer nieder und ins Wasser fiel. Das gab aber einen so gewaltigen Plumps und das Wasser spritzte so sehr den fleißig zuschauenden Dirnen in die Augen, daß diese nicht anders meinten, als der Teufel selber habe sich hineingeworfen, und so schnell sie konnten, dem Dorfe wieder zuliefen. Sie fielen durch den ausgestandenen Schreck beide in eine schwere Krankheit, an der eine von ihnen auch starb.

Von dieser Begebenheit hieß man seit der Zeit den Wald Kurlenhorst, d. i. H.r.nhorst.

Quellen: