Auge ausschlagen

  Delrio disquis. magic. 1. IV. c. II. qu. VI. sect. IV.

Ein Mann zu Rostock hatte Geld an einem gewissen Orte in seinem Hause verborgen. Als er es einige Zeit nachher nicht wiederfinden konnte, dachte er, es sei ihm gestohlen worden, ging zu einem Schmied und bat ihn, dem unbekannten Diebe ein Auge auszuschlagen. Da machte der Schmied einen Kreis und malte ein Auge hinein; sprach dann einige Worte und schlug einen dreieckigen Nagel durch das Auge. Im selben Augenblicke aber hatte der Mann selbst sein Auge verloren. So hatte das kleine Söhnchen eines Andern einen silbernen Löffel in die Ecke unter einen Schrank geworfen; der Vater geht auch zu einem Schmied und läßt das Auge ausschlagen, aber das arme Kind mußte drunter büßen, wiewol es ganz unschuldig mit dem Löffel gespielt und an keinen Diebstahl gedacht hatte.

Quellen:

• Johannes Wilhelm Wolf, Deutsche Märchen und Sagen, Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845