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Heinrichs Spritzchen

  Lenglet - Dufresnoy recueil de dissertat. anc. et nouv. sur les apparitions, 
  les visions et les songes. Avignon 1751, I, p. CXXVIII. 

Als Kaiser Heinrich III. noch sehr jung war, da schenkte ihm einmal ein Priester ein kleines silbernes Spritzchen, womit die Kinder gewöhnlich zu spielen pflegen; da sprach der Knabe: „Dafür daß du mir das Spritzchen geschenkt hast, will ich dich zum Bischofe machen, wenn ich einmal Kaiser bin.“

Des Versprechens erinnerte sich Heinrich wohl, als er im Jahre 1039 gekrönt wurde, und er machte den Geistlichen zum Bischofe. Das blieb aber nicht lange ungestraft, denn der Kaiser fiel bald darauf in eine heftige Krankheit, worin er drei Tage ohne alle Besinnung lag; sein schwach nur gehender Puls war das einzige Zeichen von Leben, welches blieb. Alle Bischöfe, die am Hofe waren, baten den Himmel um des Kaisers Erhaltung, thaten Gelübde und ordneten Fasten auf drei Tage an, worin sie selbst dem Volke mit ehrenwerthem Beispiel vorgingen.

Der Kaisser wurde auch wieder gesund, ließ aber zur Stunde den Priester vor sich kommen, den er so schnell zum Bischofe gemacht, setzte ihn ab und beraubte ihn seiner Würde nach vorher gehaltenem Rathe. Als keiner nun dies wunderliche Urtheil begreifen konnte, da sprach der Kaiser, wie er in seinem dreitägigen Schlummer von den bösen Geistern gequält worden, die ihm mit demselben silbernen Spritzchen, welches der Priester ihm geschenkt, ein so heftig Feuer zugespritzt hätten, daß alles irdische Feuer nicht damit verglichen werden könne. Alsdann sei aber ein schöner Jungling gekommen, der einen Kelch voll Wasser über ihn ausgegossen, wodurch das Feuer alsbald gelöscht worden wäre. Darnach habe er seine Gesundheit mit seiner Besinnung wiedergewonnen.

Quellen: