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Die Seele als Maus
Mündlich von Frau Roppe in Guben; die Sage stammt aber von ihrer Urgroßmutter aus Seitwann
In Seitwann war in einer Spinnstube ein Mädchen, die Tag für Tag, wenn es zum halben Abend kam, beim Spinnen einschlief. Sie ging dann in die Hölle und legte sich eine Weile auf die Bank. Da sagten die andern Mädchen: „Das kann bei der wohl nicht mit rechten Dingen zugehen, daß sie alle Abende schlafen muß; die geht wohl in der Zeit die jungen Männer drücken!“
Eines Abends begaben sie sich mit Licht in die Hölle und sie fanden das Mädchen schlafend mit offenem Munde, den nun ein anderes Mädchen mit der Hand zuhielt. In dem selben Augenblicke kam aber eine Maus und wollte zumn Munde hinein; lief aber, da sie das Loch nicht fand, wieder fort. Da war aber auch das schlafende Mädchen tot.
Quelle: Niederlausitzer Volkssagen vornehmlich aus dem Stadt- und Landkreis Guben, gesammelt und zusammengestellt von Karl Gander, Berlin, Deutsche Schriftsteller-Genossenschaft, 1894