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Die dankbare Kröte

  Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche 

Es war einmal ein junges Mädchen, das ging eines Tages im Garten seiner Eltern spazieren. Da traf es eine Kröte, welche traurig am Wege saß. Das Mädchen setzte sich zur Kröte hin, besah dieselbe von allen Seiten und streichelte sie. Da hüpfte die Kröte dem Mädchen auf den Schooß. Das Mädchen nahm die Kröte mit nach seiner Stube. Dort fütterte dasselbe alle Tage das Thier; es war sein liebster Spielkamerad.

Eines Tages sprach die Kröte zu dem Mädchen: Ich bin sehr alt und werde bald sterben; Du hast mich gehütet und gepflegt, dafür will ich Dich belohnen. Ich will Dich und einst Deine Kinder mit Schönheit begaben, dass Niemand im ganzen Lande so schön ist wie Ihr. Bringe ich an dieselbe Stelle hin, wo Du mich gefunden hast: ich werde Dir dort noch mehr sagen.“ Da nahm das Mädchen die Kröte und brachte sie wieder nach dem Garten, wo es dieselbe auf die Erde setzte. Darauf sprach die Kröte: „Drei Tage nach meinem Tode wirst Du einen Ring finden; so lange Du und Deine Nachkommen denselben tragen, wird Eure Schönheit dauern.“ Nach diesen Worten starb die Kröte. Das Mädchen bettete sie auf frisches Gras und ging seiner Wege.

Am dritten Tage kam das Mädchen wieder zur Stelle. Da war die Kröte ganz ausgetrocknet; neben derselben aber lag ein schöner Ring. Das Mädchen nahm den Ring, steckte ihn an seinen Finger und verscharrte die Kröte. Da ward das Mädchen von wunderbarer Schönheit. Als es sich verheirathet und Töchter geboren hatte, waren diese auch die schönsten Mädchen im ganzen Lande. Das letzte Mädchen aus dieser Nachkommenschaft, welches wiederum von wunderbarer Schönheit war, hat den Ring verloren und ist im Spreewald gestorben.

Quellen: