<<< zurück | Die Sagen des Kiffhäusers und der Güldenen Aue... | weiter >>>
Thüringen, Du holdes Land,
Wie ist mein Herz Dir zugewandt!
Ludwig Storch.
Dieser vierte Band meines thüringischen Sagenwerkes würde eines besonderen Vorwortes gar nicht bedürfen, wenn ich nicht noch einige Erläuterungen und Andeutungen dem Leser zu geben hätte, für welche sich im Buche selbst die passende Stelle nicht finden wollte. Was ich im Vorwort zum dritten Theile versprochen habe, wird hier erfüllt. Ich bringe den Sagenkreis des Kiffhäusers und der güldenen Aue, den des Werragrundes von der Gegend bei Meiningen bis zu der bei Salzungen, und füge noch den des reizenden Gebietes von liebenstein und Altenstein hinzu.
Der erste dieser Kreise hat natürliche Abrundung; er grenzt an die Sagengebiete des Unterharzes, der Hainleite, des Osterlandes. Der zweite berührt erst zur Rechten das Sagengebiet der Herrschaft Schmalkalden, dann das des Inselberges, und schließt sich gegen jenes Gebiet Thüringens ab, welches die Werra begrenzend umfließt, und in welchem die Orte Frauensee, Marksuhl, Berka, Gerstungen u. s. w. liegen. Dieser Landstrich wird später in einen Kreis gezogen werden, welcher bis Treffurt sich ausdehnen, an das Eichsfeld, und an den Sagenkreis von Eisenach und der Wartburg angrenzen soll.
Die linke (südwestliche) Parthie des Werragrundes liefert uns nur wenige Sagen, die noch in unsern Kreis gehören; dort beginnt fränkischer Grund und Boden, nach der Rhön hin deutend durch Sitten und Sprache der Bewohner, wie selbst durch die Gebirgsformation eines an: basaltischen Hohen und Klippen reichen Bergzuges zwischen Rhöngebirg und Thüringerwald, dessen isolirte Kettenglieder sich fast vom Fichtelgebirge an verfolgen lassen. Zu diesem Bergzug gehören Staffelberg, Kloster Banz, Hohenstein, Koburger Veste, Kalenberg, Heldburg, Straufhain, die Gleichberge, Henneberg, Hutsberg, Geba, Dießburg, Stoffelskuppe, Bleß, Hunnkuppe, Bayer u. s. w. Es sind die Hochwarten des nördlichen Frankens vor der Rhön, die den alten Grabfeldgau schirmten und schüßten. In meinem bereits angekündigten neuen Werke: Der Sagenschatz des Frankenlandes, werde ich ihrer und ihrer mannichfaltigen und anziehenden Sagen näher zu gedenken haben, hier sei nur bemerkt, daß durch jenes Unternehmen das vorliegende, die Sammlung thüringischer Sagen, keine Unterbrechung erleiden soll.
Zu den Kiffhäusersagen habe ich noch zu bemerken, daß wohl in keiner Sammlung deren so viele zusammengestellt sich finden mögen, als in diesem Sagenkreis von mir gegeben werden, und dennoch mögen mir im mer noch Manche entgangen sein. Ueber die Quellen werde ich mich später aus führlich zu verbreiten haben, hier nur so viel, daß die bekanntesten Kiffhäusersagen von Ottmar gesammelt, und diesem vielfach nachgeschrieben wurden, so daß, wenn man dessen Sammlung in Händen hat, Büsching, Gottschalk und Fr. Hoffmann (die Burgen und Bergfesten des Harzes 1836. m. Lithogr.) über K. S. nur wenig Neues gewähren. Aus dem übrigens recht verdienstlichen Buche des letztgenannten entnahm ich die Sage 27. (a. a. D. S. 32.) nicht ohne eine gewisse Bedenklichkeit, doch aber auch von der auf Erfahrung begründeten Ansicht geleitet, daß die Tradition oft in sehr kurzen Zeiträumen sich verjüngt, und die Poesie des Volkes immer geschäftig ist, hochragende Persönlichkeiten mythisch zu verklären, und sie in alte Zauberkreise hinein zu ziehen. Viele der hier mitgetheilten Sagen hörte ich mündlich, denn als ich im Sommer 1837 den Unterharz bereiste, gab mir die Gunst des Glücks den ältesten Mann aus Kelbra zum Geleiter auf die Rothenburg und den Kiffhäuser, der noch mit gläubigem Gemüthe erzählte, erfreut, einen willigen Hörer zu finden.
Dem nächsten Bande gedenke ich den Sagenkreis des Unterharzes, und den der Herrschaft Schmalkalden einzuverleiben.
Die Sagen des Werragrundes sind fast alle volksmündlich, die wenigsten sind Büchern entnommen. Die aus dem Amte Altenstein wurden mir neben manchen, die ich selbst aus dem Volksmunde bestätigen hörte, von Herrn Referendar Voigt aus Steinbach mitgetheilt, und großentheils im Dialekt dieses Ortes niedergeschrieben, andere aus gleichem Gebiete danke ich dem Herrn Major und Kammerherrn, Freiherrn A. von Boineburg zu Weilar, für welche Gefälligkeit ich beiden Genannten hier öffentlich freundlichsten Dank zu sagen nicht unterlassen will. Mittheilungen solcher Art können nur will kommen sein, und werden von mir, wenn sie ächt sind, stets dankbar empfangen werden.
Meiningen, im April 1838
Ludwig Bechstein.