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Es war am Abend vor Waldburgi, als Barthel, der in allerlei geheimer Kunst wohlerfahrene Fallmeister in Salzungen, vor der Thüre seines Nachbars, eines Siedeknechts, wie gewöhnlich sein Pfeifchen schmauchte, das Gespräch zwischen Beiden auf die Hexen kam und Ersterer den Lezteren fragte: „Willst Du sie sehen, wenn sie heute Nacht heimkehren?“ Der Siedeknecht zauderte Anfangs zwar, versprach aber auf Barthels Zureden, sich bei ihm einzufinden, und hielt Wort.
So wanderten denn die Beiden selbander zu der bestimmten Stunde die alte Meistereihohle hinunter. Als sie an dem Kreuzweg beim Husenbrückchen anlangten, blieb der Fallmeister stehen, beschrieb hier einen Kreis und winkte dem Siedeknecht mit den Worten: „So, da drinnen kann uns nun keine etwas anhaben„, mit einzutreten. Der aber war ein gottesfürchtiger Mann, glaubte dadurch sein Seelenheil zu gefährden und zog es vor, sich hinter einem nahen Gartenzaune zu verbergen, von aus er die vorüberziehenden Hexen eben so gut beobachten konnte. Barthel hatte ihm eben nochmals zugerufen, ja keinen Laut von sich zu geben und vor Allem nicht zu lachen, als er ihm auch schon wieder zuwinkte, daß die Hexen im Anzuge wären.
Gleich darauf erschien wirklich die erste, auf einem Besen reitend und zugleich mit diesem die Straße fegend. Hinter dieser wieder ein ganzer Trupp, gleichfalls den Besen oder eine Ofengabel zwischen den Beinen. Dann kam Eine auf einem Fuder Heu, dem eine Heerde Gänse vorgespannt war. Hinter dem Heuwagen ein anderer, welcher mit Speck und Würsten beladen war und von Ziegenböcken gezogen wurde. Hierauf noch eine Menge derartiger Fuhrwerke, vor einem sogar ein Gespann Flöhe. Es waren bis daher fast lauter schöne Frauen gewesen. Als nun endlich auch eine aus der Freundschaft des Siedeknechts erschien und dieser sich vergessend mit den Worten: „So dau Schöngleich1) bist au da d'rbei?“ losplatzte, da ging der Kukuk los. Der ganze Haufe drang auf den armen Teufel ein. Die Angst gab ihm ungewöhnliche Kraft, er setzte mit Leichtigkeit über Zäune und Hecken; das Hexenzeug war aber noch flinker hinter ihm drein. Endlich erreichte er mit der größten Noth und windelweich geschlagen, sein Häuschen, wohin ihm das Gesindel wegen der vorher schon angeschriebenen drei Kreuze nicht folgen konnte.
Barthel blieb unterdeß ganz ungefährdet in seinem Kreise sitzen, ging, als der ganze Spektakel vorbei war, ruhig nach Hause und hatte späterhin noch lange an dem bösen Beine zu kuriren, welches sein Nachbar auf der Hexenschau davon getragen.
Quellen: