<<< zurück | Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes | weiter >>>
Der eiserne Landgraf Ludwig hinterließ einen Sohn, der war der vierte dieses Namens, und der dritte Fürst von Thüringen, den nannte man Ludwig den Milden. Dieser hätte gern erfahren, wie es um seines Vaters Seele beschaffen sey; das hörte ein Ritter an seinem Hofe, der einen Bruder hatte, welcher zu Paris studiert, und die schwarze Kunst konnte. Zu diesem sprach der Ritter: Lieber Bruder, erforsche mir, wie es um die Seele des Vaters unsers Herrn beschaffen ist. Drauf beschwur der Schüler den Teufel, daß er ihm sagen solle, was der Ritter gefragt. Der Teufel sprach: Willst Du mit mir fahren, so zeige ich Dir die Seele; der weise Schüler sprach: das wollte ich wohl gern thun, könnte ich es nur ohne Schaden vollbringen; worauf der Teufel erwiederte: Ich schwöre es Dir bei dem allerhöchsten Gott und bei seinem schrecklichen Gericht, daß ich Dich hin und zurück ohne Schaden bringen will. Da setzte sich der Zauberschüler auf des Teufels Hals und fuhr in einer kurzen Zeit hin, wo die Seele des Landgrafen litt, und hörte und sah allda unaussprechlichen großen Jammer. Und ein anderer Teufel rief dem ersten zu: Wer ist der, den Du führest? Drauf antwortete dieser: Es ist unser Freund, dem habe ich geschworen, daß er unverletzt bleiben soll, und ich soll ihm zeigen des Landgrafen Seele. Da warfen sie von einer Grube einen glühenden Deckel, und der Teufel steckte eine Posaune hinein, und blies, daß dem Schüler deuchte, Himmel und Erde erbebeten. Danach schlug eine helle Flamme aus der Grube mit großem Gestank und glühenden Funken, darin schwebte des Landgrafen Seele und sprach zu dem Schüler: Siehe, hier bin ich nun gegenwärtig, ich armer unseliger Landgraf, ehemals Dein Herr! Der Schüler erschrak, daß er lange nicht sprechen konnte.
Als er wieder zu sich selber kam, sprach er: Ach lieber Herr, mir ist so leid Euer großes Leiden, ich bin zu Euch gesandt von Eurem Sohne, daß ich ihm erfahre und offenbare, wie es um Eure Seele gethan, ob er Euch irgend rathen oder helfen möge. Der Landgraf antwortete: Meine Gelegenheit und Pein hast Du gesehen; wisse, wollte mir mein Sohn daraus helfen, und wollte das Gut und das Erbe, das ich den Stiftern zu Mainz, Fulda und Hersfeld heimlich und offenbar abgezogen habe, und zu meiner Herrschaft gebracht, (er nannte ihm jegliches Stück besonders) zurückgeben, so hoffte ich zeitige Erlösung; so dies aber nicht geschieht, so muß ich in dieser Grube leiden bis an den jüngsten Tag, und dann liegt es in Gottes Barmherzigkeit, was er mit mir beginnen will. Der Schüler sprach: Herr, saget mir ein Wahrzeichen, daß er mir glaube. Und der Geist sagte ihm viele Dinge, die niemand wußte, denn er und sein Sohn. Dann ward des armen Landgrafen Seele wieder in die grundlose Grube gesenkt, und der Teufel führte den Schüler wieder zurück. Und ob derselbe wohl das sichre Geleite des Lebens und der Seele nicht verlor, so blieb er doch all seine Tage gelb und von jämmerlichem Aussehen. Er verkündigte dem Landgrafen Ludwig dem Milden diese Geschichte, der hätte seinem Vater gern geholfen, aber seine Gewaltigen, die jene Stiftsgüter inne hatten, wollten es ihm nicht gestatten; sie sprachen, daß er behalten müsse, was ihm zugestorben sei; wenn er Almosen für die Seele gebe und Messe lesen lasse, so würde wohl Rath zu ihrer Erlösung.
Der Schüler aber thät sich ab seiner Nekromantie, büssete, und ward ein Mönch im Kloster Volkenrode.
Quellen: