<<< vorherige Sage | Kapitel 13 | nächste Sage >>>
Eine mündliche Überlieferung aus Unterkochen
Ein Mann aus gewöhnlichem Bürgerstand hatte einst eine Liebschaft mit der Tochter des Kaisers von Österreich. Da die beiden jungen Leute keine Möglichkeit sahen, wie sie je hätten vereinigt werden können, so entflohen sie aus übergroßer Liebe zueinander, kauften sich in Schwaben ein kleines Grundstück und legten daselbst eine Wirtschaft an, von der sie lebten. Das Haus lag an einem Berg und daher nannte man den Besitzer demselben den Wirt am Berg. Da geschah es, dass nach mehreren Jahren der Kaiser einmal auf einer Reise nach Frankfurt des Wegs daherkam und bei seiner Tochter einkehrte, ohne sie zu erkennen. Die Tochter aber erkannte ihren Vater sogleich und beredete ihren Mann, dass sie dem Kaiser sich entdecken und ihn um Gnade und Verzeihung bitten wollten. Sie hatten bereits ein junges Söhnlein miteinander gezeugt. Da es ein schöner Knabe war, nahmen sie ihn mit und stellten sich so dem Kaiser vor. Der hatte große Freude, seine Tochter wiederzufinden, verzieh ihr gern und machte ihren Mann zum Herzog. Er sollte aber zum Andenken an diese Geschichte seinen Namen Wirt am Berg beibehalten. Das war der erste Anfang des königlichen Hauses von Wirtemberg oder Würtemberg. So haben die Alten oftmals erzählt.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852