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Sagen vom Hohenstaufen 3.Sage

  Mündliche Überlieferungen aus Göppingen und Hohenstaufen

Nach Hohenstaufen kamen früher, besonders in der Adventszeit, abends nach der Betglocke zwei bis drei, oft auch mehrere Lichter, die man »Scheinlichter« nannte. Sie kamen teils von Hohenrechberg und Staufeneck nach Hohenstaufen, teils aus den Heiden­löchern auf Hohenstaufen selbst und versammelten sich unten vor dem Dorf auf einem vorspringenden Hügel, auf dem sogenannten »Tanzplatz« bei den Felsen, die man die »Spielburg« nennt und die oberhalb Hohrein, links am Wege nach Wäschenbeúren liegen. (Ein zweites kleineres Felsstück heißt das »Schäfle«.) Den Tanzplatz umgab sonst ein runder Kreis von Gras, das immer viel grüner blieb als das des übrigen Rasens. In diesem Kreis tanzten nun die Geister, die hier zum Besuch sich einfanden und mit den Hohenstaufen sich unterhielten. Daher auch der Name »Tanz­platz«. Alte Leute haben dies in ihrer Jugend vielmals gesehen.

Es waren freundliche Geister, die ruhig an den Menschen vorüberzogen und niemanden etwas zuleide taten. Seitdem man aber einen Steinbruch dort angelegt und den Tanzring zerstört hat, sieht man die Geister nicht mehr.

Eigentlich nannte man diese Geister der Rechberger Grafen und der Staufen »Höllengeister« oder »Höllenlichter«. Nur um die Kinder nicht »fürchtig« zu machen, sagte man diesen, es seien »Scheinlichter«. Zuweilen kamen übrigens diese Lichter von Hohenstaufen, Rechberg und Staufeneck auch wohl auf dem Eidebühl beim Märzenhof zusammen und fochten dort miteinander. Auch nach dem alten Schloss bei Wäschenbeuren sah man zuweilen ein Licht von Hohenstaufen aus schweben.

Erusius in seiner schwäbischen Chronik schreibt: Von dem Schloss Rechberg geht die Rede, dass wenn ein Donner­wetter sei und drei kleine blaue Lichtlein allda gesehen werden, so habe man nichts vom Wetter zu befürchten.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852