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Eine mündliche Überlieferung aus dem Schwarzwald
Im vorderen Schwarzwald, in der Umgegend von Kalw und Liebenzell erzählen sich die Leute, dass die dunklen Flecken, welche man im Vollmond sieht, von einem Mann herrühren, der in den Mond verwünscht worden war. Dieser Mann stahl am Sonntag, wo er meinte, dass die Jäger und Forstleute nicht im Wald sein würden, ein Büschele Besenreiser und trug es auf dem Rücken heim. Da begegnete ihm aber im Wald ein Mann, und das war der liebe Gott. Der stellte ihn zur Rede, dass er den Sonntag nicht heilig halte, und sagte zugleich, dass er ihn dafür bestrafen müsse, fügte jedoch hinzu, dass er die Strafe sich selbst auswählen dürfe: ob er entweder in den Mond oder lieber in die Sonne verwünscht sein wolle.
Darauf versetzte der Dieb: »Wenn es denn sein muss, so will ich lieber im Mond erfrieren, als in der Sonne verbrennen.«
Und so ist er mit seinem Bündel Besenreiser auf dem Rücken in den Mond gekommen, was man noch deutlich erkennt, wenn man genau hinsieht. Man nennt diesen Mann gewöhnlich das »Besenmännle«.
Einige erzählen auch: Damit das Besenmännle im Mond nicht erfrieren könne, habe ihm der liebe Gott das Holzbüschele auf dem Rücken angezündet, und das brenne jetzt noch immerfort und werde nicht erlöschen.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852