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Der Lindwurm auf Limburg 1.Sage

  Eine mündliche Überlieferung aus Owen

Der Limberg im Neidlinger Tal mit der alten Limburg darauf heißt eigentlich Lindberg, wie ihn das Volk auch noch zuweilen ausspricht. Dieser Name rührt von dem Lindwurm her, der hier in einer Felsenhöhle gehaust hat. In der Nähe liegt ein Dorf Lindorf oder Lintorf, und ein Bach, die Lindach, fließt an dem Limberg vorbei. Früher hat dieser Berg auch Michelsberg geheißen. Jener Lindwurm war ein furchtbares Ungeheuer, vor dem kein Mensch sicher war. Er kam in alle umliegenden Orte, griff die Leute an und verschlang sie, bis endlich der Kaiser befahl, man solle ihm alle Tage zwei Menschen liefern, einen des Morgens und den anderen des Abends. Seitdem dies geschah, ließ er die übrigen Bewohner unangetastet ziehen. Auf die Art aber wurde nach längerer Zeit die Gegend ganz entvölkert und die Reihe kam zuletzt an des Kaisers eigene Tochter. Wie diese nun eben dem Lindwurm übergeben werden sollte, so erschien der heilige Georg auf seinem Schimmel vor dem Kaiser und versprach, das Ungeheuer zu erlegen und die Jungfrau zu erretten, wofern der Kaiser ihm dieselbe zur Gemahlin geben wolle. Nachdem der Kaiser ihm dies gern zugesagt hatte, ritt er vor die Höhle des Lindwurms, und als er ihn hervorkommen sah, legte er seine Lanze in die Öffnung, spornte seinen Schimmel an, und es gelang ihm, das Untier zu durchbohren und zu töten. Darauf erhielt er des Kaisers Töchterlein zur Frau.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852