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Der Poppele auf Hohenkrähen 1.Sage

  Mündliche Überlieferungen aus Engen und der Umgebung von Hohentwiel

Auf der zerstörten Burg Hohenkrähen, nahe bei Hohentwiel, geht ein Geist um, der den Leuten auf dem Bruderhof sehr nützlich ist und alles, was sie ihm auftragen, tut. Er holt Wasser und Holz in die Küche, wirft Stroh und Heu vom Boden, füttert das Vieh, putzt die Pferde, wendet den Dreschern die Garben um und dergleichen. Bei jedem Auftrag aber muss man stets bemerken: »it ze litzel und it ze viel!« (nicht zu wenig und nicht zu viel), sonst macht er Dummheiten und wirft z. B. alles Heu vom Boden herunter, schleppt alles vorrätige Holz in die Küche usw. Sagt man ihm dann, er solle es wieder forttragen, so tut er es auch.

Zum Lohn wegen seiner Dienste muss man aber auch für den Poppele alle Tage mit decken, ihm einen besonderen Teller hinstellen und sagen: »Poppele, iss auch mit!« Unterlässt man das, so wirft er das Gedeck und alle Speisen durcheinander, bindet das Vieh im Stall los und dergleichen. Ebenso muss man ihn einladen, wenn man ausfährt, und muss sagen: »Poppele, fahr auch mit!« Dann setzt er sich hinten auf das hervorstehende Wagenbrett (»Schnätter«) und fährt mit ins Feld. Wird er nicht eingeladen, so passiert dem Fuhrwerke gewiss etwas. Ferner muss man, so oft gebacken wird, dem ersten Bettler ein ganzes Brotlaib geben, sonst verschwindet das übrige Brot und auch die Küche gerät in Unordnung.

Wenn jemand einen dummen Streich macht, so heißt es in der ganzen Umgegend sogleich: »Du bist ein Kerl wie der Poppele.«

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852