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Sammlung von Schön No. 68. Msc.
Zum Mückenhainer Dominialbesitz gehört auch ein Hügel, welcher mit Fichten bewachsen ist. Dort ist es nicht geheuer. Allerhand Spukerscheinungen erschrecken den vorübergehenden Wanderer; unter andern auch ein dreibeiniger Hase. Mit demselben hat es folgende Bewandtniß:
Auf Schloß Mückenhain residirte einst ein unbarmherziger Herr, dessen liebstes Vergnügen war es, die armen Thiere des Waldes grausam zu hetzen, und sie dann nicht etwa zu erlegen, sondern nur zu verwunden, daß sie lahm und verkrüppelt im Walde herum hinkten oder in der Wildniß aufs kläglichste verendeten. Bei einer solchen Jagd schoß er einst einem Hasen absichtlich den rechten Hinterlauf ab. Aber der leibhaftige Böse war es gewesen, der sich in die Gestalt des Hasen geworfen, und von Stund an verfolgte ihn nun der dreibeinige Hase Tag und Nacht mit herzzerreißendem Geschrei, bis er in Wahnsinn und Verzweiflung sich selbst erhenkte. Niemand wollte ihn abschneiden, bis der Henker kam, der schnitt ihn ab und steckte ihn in einen mitgebrachten Sack, um ihn zu bannen, denn es war ein Geisterbeschwörer.
Unterwegs bäumte sich der Sack in die Höhe, und nur durch seine schwarze Kunst brachte der Henker die Last von der Stelle. An dem Fichtenhügel an gekommen, stand er still. Da rufen die schon dahin verbannten Geister aus dem Hügel heraus: „Hier ist kein Platz mehr.“ Aber der Geisterbanner ruft: „Rückt zu“, und schüttet den Sack aus. Da springt der dreibeinige Hase um den Hügel herum, und noch heutzutage wollen ihn die Leute dort gesehen haben.
Anmerkungen: Wie der wilde Jäger als Reiter, als Eber oder in der Höllenkutsche fahrend vor gestellt wird, so auch als Hase, das in unserer Gegend gewöhnliche Jagdthier, und zwar als dreibeiniger. Hela, die germanische Königin der Unterwelt, reitet auf einem dreibeinigen Roß, der Teufel erscheint als dreibeiniger Bock (Grimm S. 947), auch als Hase, aber vierbeinig. – Nach dem Görlitzer Aberglauben kauft der Teufel in der Neujahrsnacht einen Hasen. Man geht Punkt zwölf Uhr hinter eine Kirche. Da wird der Teufel als ein gewöhnlicher Mensch gekleidet erscheinen und fragen, was man begehre. Man antworte, daß man einen Hasen zu verkaufen habe. Dann wird er um den Preis fragen. Den kann man so hoch bestimmen, wie man will, er giebt, was man fordert. Um ihn nun zu betrügen, muß man eine ganz schwarze Katze in einem neuen Sacke bereit haben, der mit lindenem Bast und soviel Knoten als möglich zugebunden ist. Während nun der Teufel die Bastknoten aufzulösen sich abquält, muß man sich in die Kirche salviren und bis 1 Uhr daselbst bleiben. Hat er den Knoten gelöst und den Betrug gemerkt, ehe man die Kirche erreicht hat, so ist man verloren.
Ein Bauer in Milow bei Rathenow hatte einen Kobold in Gestalt eines dreibeinigen Hasen (Kuhn, Märt. Sag. S. 55). Der Abt zu Echternach hieb einem Zauberer, der vom Teufel in einen Hasen verwandelt worden war, ein Bein ab. Seitdem spukt ums Kloster ein dreibeiniger Hase (Steffen, Luxemb. Sagen S. 175).
Quelle: Karl Haupt, Sagenbuch der Lausitz, Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann,1862