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In Sichenhausen, so erzählte einmal mein Ellerknänn, ist eine Frau gewesen, der war Sonntag wie Werktag und Werktag wie Sonntag. Darum machte die sich auch keine Gedanken darüber, am heiligen Karfreitag ihre Hulle (oder Kopfhaube) zurecht zu machen, zu waschen und zu stärken, um damit auf Ostern Hoffart zu treiben und in der Kirche zu prachtieren. Aber an so einem hehren Tag soll man sich nicht versündigen, das wies ihr unser Herrgott durch ein großes Wunder. Denn als sie eben die gewaschene Hulle in das blaue Stärkewasser eintauchte, siehe da, färbte sich sogleich das ganze Wasser vor ihren Augen und wurde zu lauter Blut. Ich meine denn, sie hatte ihr Lebtag so etwas nicht wieder getan!
Quelle: Oberhessisches Sagenbuch, Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald; Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873