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Der Breuerberg oder Brühberg, wie das Volk ihn nennt, ist eine Anhöhe in der Nähe der Stadt Lich, von welcher aus man eine köstliche Aussicht über die Umgegend hat, weshalb derselbe gar oft frohen Gesellschaften zu Spaziergängen und sonstiger Kurzweil zu dienen pflegt. Auf demselben bemerkt man noch heute die Überreste eines ehemaligen Kellers, der von einem früheren Sommerschlösschen der Herrschaften allein übrig geblieben sein soll. Der Erbauer desselben war aber gar ein leichtfertiger, lockerer Zeisig, der den abgelegenen Ort zur Stätte verbotener Lüste zu missbrauchen wusste. Einst hatte er eine schöne Müllertochter der Umgegend listiger Weise in seine Netze gelockt. Die bekümmerten Eltern wussten lange Zeit nicht, wo sich dieselbe befinden mochte. Endlich drang die immer gewisser werdende Kunde zu ihren Ohren, dass die Tochter mit dem Grafen in Unehren zu Fall gekommen sei und ein Kind geboren habe, das aber sogleich hehlings umgebracht und weggeschafft worden sei. Da erfasste die gottesfürchtige Mutter über den doppelten Frevel unbändiger Schmerz und sie sprach über die so schändlich missratene Tochter und ihren Verführer, dem sie nichts anhaben konnte, den schrecklichen Fluch aus, dass zur Strafe der Untat jedes Mal der erste Spross des Grafenhauses sterben und nicht zur Regierung kommen solle. Nach des Volkes Meinung ist merkwürdiger Weise derselbe auch noch immer eingetroffen.
Quelle: Oberhessisches Sagenbuch, Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald; Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873