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In Lerbach herrscht bei manchen Arbeiten, z. B. beim Wiesenmähen, die schöne Sitte, daß mitunter zwei Kameraden immer zusammen arbeiten, die dann alles Glück und Leid des Lebens miteinander theilen. Zwei solche Kameraden, von denen aber der Eine, Vasel, sehr faul und langsam gewesen ist, trockneten eines Tages auf einer Wiese miteinander Heu. Als die Mittagssonne ihnen auf den Kopf brannte, legten sie sich ins duftige Heu und schnarchten bald miteinander um die Wette.
Da erschien ihnen eine Jungfrau und winkte ihnen ein wenig abseits und deutete auf einen Stein, der an zwei kleinen Wässerchen lag. Da stieß Duft den Vasel in die Seite, und als auch der erwacht war, hatten sie Beide die Jungfrau gesehen. Sie gingen hin und fanden auch richtig den Stein. Sie hoben ihn also auf, aber Vasel war so träge, daß er kaum mit anfaßte, und als Duft ihn aufgehoben hatte, stand ein Topf darunter in der Erde, in dem waren nichts als Lörke. Da warf Duft den Stein wieder auf den Topf, daß er zersprang, und da klang es wie lauter Silber, das in die Erde versunken wäre. Da sind die Lörke lauter Pistoletten gewesen, und Vasel hätte nur zugreifen und den Topf umkehren müssen, so hätten sie Alles gehabt. So aber hatten sie Nichts, und die Leute spotten ihrer noch heute, denn die zwei kleinen Wässerchen am Ende von Lerbach, an denen dies geschah, werden nach ihnen noch jetzt oft Duft's Glück und Vasel's Langsamkeit genannt. Auch sagt man wol in Lerbach, wenn Jemand einen Wunsch thut, der doch nicht erfüllt werden wird: geh' hin zu Duft's Glück und zu Vasel's Langsamkeit!
Quellen: