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Mündlich.
Im Dom zu Freiberg befindet sich eine kunstreich gearbeitete Kanzel von 11 Ellen Höhe, welche die Gestalt des Kelchs einer weißen Lilie oder Rose hat, an der ein Stiel unten heraus geht, der von einem starken Jüngling mit gebogenem Rücken getragen wird. Alles ist aus lauter Steinwerk künstlich durchbrochen, und erzählt man, daß einst ein Meister und sein Geselle1) jeder ein Modell für diese Kanzel (nach Andern hätte jeder eine Kanzel gebaut) entworfen hätten, das des Gesellen sei aber besser gelungen und derselbe deshalb von seinem Meister erschlagen worden, es könne aber deshalb kein Prediger auf derselben auftreten, weil es ihn nicht darauf leide.
Der wahrscheinliche Grund für letztern Umstand liegt aber darin, weil ein Rückenhalt fehlt, der Standort derselben akustisch unpassend gewählt, und ihre Dauerhaftigkeit selbst vielleicht fraglich ist.
Quelle: Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 226