[[sagen:werra426| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra428| weiter >>>]] ====== Vom alten Keller am Oechsenberg ====== Ein andermal hütete auch ein Schäfer aus Völkershausen am Fuße des Oechsenbergs. Da sah er die vielen Flämmchen und Irrlichter in den Sechsenberg verschwinden und hatte so seine eigenen Gedanken darüber. Von einem alten Manne erfuhr er nun andern Tags, daß dies noch die Geister der erschlagenen Ritter und Knappen der dort in grauer Vorzeit zerstörten Burg seien, die jedesmal am Aller-Seelen- und Aller-Heiligen-Tage ihren Jahrestag bei den von ihnen vergrabenen Schätzen feierten, und daß zu dieser Zeit auch die alten Gewölbe dort droben aufgingen, aus denen ein muthiger Kerl, der sich um den Kukuk und sein Gelichter nicht kümmere, sich auf Lebzeiten genug holen könnte. Das ließ sich der junge kräftige Schäfer nicht zweimal sagen, und als er am Abend des Aller-Seelen-Tags seine Schafe am Hans-Möllers-Born in die Hürden gebracht hatte und die Flämmchen sich in ungewöhnlicher Zahl wieder zeigten und auch der Wald gar schaurig dazu rauschte, machte er sich mit seinem Hunde frisch den Berg hinauf, erreichte glücklich den einen der sogenannten Eselspfade, der gerade nach dem Keller führt, und stieg auf diesem unbekümmert um das schaurige Eulengeschrei, das ihn verfolgte, immer höher hinauf. An der Mitte des Berges jedoch springt der Schäfer erschrocken bei Seite. Ein mächtiger schwarzer Bullenbeißer mit feurigen Augen packt seinen treuen Hund, und beide stürzten unter schrecklichem Geheul den Berg hinunter. Der Schäfer aber denkt nur an die Schätze im Keller und geht vorwärts. Da winkt ihm von der Seite her ein kleines, graues Männchen freundlich zu. Er aber läßt sich nicht vom Wege verlocken und geht festen Schrittes unbekümmert weiter. Jetzt vertritt ihm der Kleine drohend den Weg; der Schäfer schlägt das Kreuz und murmelt: "Alle guten Geister loben Gott den Herrn." Das Männchen weicht von ihm. So gelangt er endlich an den Keller. Hier aber versucht eine Schaar geharnischter Ritter mit blanken Schwertern und Lanzen ihm den Zutritt zu verwehren. Der Schäfer aber kehrt sich an nichts, schreitet muthig durch die Geharnischten hindurch und gelangt in den offen stehenden Keller, der nur von einigen schwachen Flämmchen matt erleuchtet ist. Aus der Tiefe schallt ihm jezt ein unheimliches Gelächter entgegen. Er sieht sich überall um, doch nirgends eine Spur von den ersehnten Schätzen. Vermoderte Bretter nur krachen unter seinem Tritt. Einen Augenblick schwankt der Schäfer, aber die Schätze ziehen ihn vorwärts. Durch einen langen, dunklen Gang gelangt er endlich zu einer lichten Flamme, bei deren Schein er in einer alten Kufe etwas blinken sieht. Es sind goldgelbe Erbsen. Jetzt beginnt es ihm endlich doch zu gruseln. Um aber doch nicht ganz leer abzuziehen, füllt er seinen Brodbeutel mit diesen Erbsen und tritt den mühsamen Rückweg wieder an. Da ihm jedoch der Beutel, der immer schwerer wurde, läftig zu werden beginnt, schüttet er den ebengesackten Inhalt wieder aus und dankte Gott, als er das Freie und endlich auch seine Schafhütte wieder erreicht hat. Am andern Morgen drückt es ihm in den Schuhen. Er glaubt, daß er Steinchen darin habe, zieht sie aus und entdeckt zu seiner Freude einige Goldstücke darin. Wie der Wind eilt er jezt zum zweitenmal nach dem alten Keller, um das dort ausgeschüttete Gold wieder aufzuraffen. Doch die Thüre war verschüttet und Alles wie vorher. Die Flämmchen zeigen sich noch jährlich, das nächtliche Rauschen des Waldes fährt fort, aber Keinem ist es von da an vergönnt gewesen, das Innere des geöffneten Berges zu betreten. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}