[[sagen:werra387| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra389| weiter >>>]] ====== Vom Goldborn am Baier ====== Eine kleine Strecke im Walde über dem Baiershof, links vom Fußpfade, der nach der Kuppe des Berges führt, rieselt im Schatten üppigen Baumwuchses, zwischen den wild durcheinander liegenden Basaltblöcken ein Quell, der der Goldborn genannt wird und in früheren Zeiten viel von den Venedigern besucht wurde, die jedoch, als sie die Neugierde der umliegenden Orte erregt hatten, wieder ausblieben. Von dem letzten der Welschen, der den Goldborn besuchte, gehen im Munde des Volkes nachstehende zwei Sagen. Die am häufigsten vorkommende lautet: Als der letzte jener geheimnißvollen Fremden, die den Baier besuchten, eines Tages von dem Pachter Pempel auf dem Baiershofe, bei welchem er sich jedesmal eingelegt hatte, Andere sagen von dem Hosenschneider in Weilar, Abschied nahm, sprach er zu diesem: "Freund, ich werde nun nicht wieder an den Baier kommen. Gott lohn' Euch das Gute, was Ihr an mir gethan. Solltet Ihr einmal nach der Stadt Gotha kommen, dann sucht mich dort auf, mein Name ist so und so." Mit diesen Worten wandte sich der Fremde und ging thalwärts. Jahre waren seitdem vergangen, da mußte der Bachter zufällig nach, jener Stadt, und da ihm dort auch der Venediger wieder in den Sinn kam, so erkundigte er sich nach seiner Wohnung. Man wies ihn nach einem der schönsten und größten Häuser. Und da es dem Manne nicht einleuchten wollte, daß der arme Welsche so prächtig wohne, so erkundigte er sich vor dem Hause nochmals bei einem Vorübergehenden nach seinem alten Bekannten, Doch ehe der Gefragte dem Pachter antwortete, rief Letzterem ein am Fenster des Hauses stehender vornehmer Herr zu, er sei ganz recht und möge nur zu ihm hinauf kommen. Von diesem wurde er denn nun auch herzlich bewillkommt. Da aber der Pachter sich nicht erinnern konnte, den Herrn jemals gesehen zu haben, so verschwand dieser auf einige Augenblicke durch eine Seitenthür und trat dann in seinem ehemaligen ärmlichen Kleide vor dem Pachter hin, in welchem ihn denn auch dieser als seinen alten Freund sofort wieder erkannte. Nun theilte ihm der Welsche mit, wie der Goldborn ihn aus einem Armen zu einem Reichen gemacht, und er sich, da es ihm in Thüringen gefallen, darauf in der Stadt Gotha niedergelassen habe; zugleich bat er den Pachter, mindestens auf einige Tage sein Gast zu bleiben, was er sich denn auch gern gefallen ließ. Der Venediger bewirthete ihn aufs Köstlichste und entließ ihn reichbeschenkt mit den Worten: Vergeßt nicht, Freund, daß in Euren Bergen Mancher mit einem Steine nach einer Kuh wirst, der oft mehr werth ist als diese selbst." Die zweite wird also erzählt : Vor langen Jahren fuhr einmal eine prächtige Kutsche an der Pachterswohnung auf dem Baierhofe vor. Aus dieser ftiegen zwei gar vornehme Herren, die dann sofort aufwärts in den Wald gingen, allwo sie längere Zeit verweilten. Als sie nun wieder zurückkamen, traten sie bei dem Pachter ein, und einer derselben, ein Greis, frug darauf jenen, ob er ihn nicht wieder erkenne. Und als der Pachter dies verneinte, sprach der Fremde: "ich werde gleich wieder hier sein", ging nach seinem Wagen und trat bald darauf in der Kleidung der Venediger, die früher den Berg besucht hatten, vor den jetzt ganz verblüfften Pachter, der ihn dann nach einigem Besinnen auch als den lezten der Welschen, die sich hier herumgetrieben, wieder erkannte. Bei einem guten Glase Wein, den der Gast aus seiner Kutsche herbeibringen ließ, erzählte der seinem alten Freunde, wie er durch das viele Gold, welches er oben in dem Goldborn gewonnen, ein steinreicher Mann geworden, und daß ihn Sehnsucht und Dankbarkeit noch einmal hierher getrieben; auch habe er seinem hier anwesenden Sohne vor seinem Ende gern noch einmal den Quell ihrer Reichthümer zeigen wollen. Dies sei der Grund, daß er in seinen alten Tagen die Reise nochmals unternommen; denn Gold würde Keiner mehr aus dem Borne gewinnen. Darauf beschenkte er noch reichlich den Pachter und schied auf Nimmerwiedersehen . Das Volk aber glaubt, daß dieser leßte der Welschen den Born durch Quecksilber so vergiftet habe, daß seine Goldader nicht mehr fließe. Seit obigem Besuch soll der Brunnen nur noch spärlich rieseln, während er vorher stark gesprudelt habe. Alte Leute erzählen, daß gegen das Ende des 17. Jahrhunderts die Frau des Generals Georg Philipp von Boyneburg vom Rittersitze Gehaus sich in einem Sessel zum Goldborn hinauftragen ließ und aus dem herausgegrabenen und gereinigten Schlamme so viel Goldkörner erhielt, daß sie sich schöne große Ohrgehänge verfertigen lassen konnte. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}