[[sagen:werra311| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra313| weiter >>>]] ====== Von dem verwünschten Schloß und der Jungfer im Schönsee bei Urnshausen ====== An der Stelle des Schönsees (das Volk spricht: Schörnsee) stand einst ein gar prachtvolles, großes Schloß, dessen Bewohner seit langer Zeit ein wildes, liederliches Leben führten und keinen Wanderer ungeplündert vorüber ziehen ließen. So überfielen sie auch einst einen frommen Mönch, der aus dem gelobten Lande kommend an ihrer Burg vorbei mußte. Da sie bei ihm Nichts von Werth vorfanden, so schleppten sie ihn mit sich und warfen ihn trotz seines Bittens und Flehens und trotz der Warnung, daß, wenn sie ihn nicht ziehen ließen, Gott sie für diesen Frevel strafen und das Schloß mit Allem, was drinnen sei, binnen zwölf Stunden von der Erde vertilgen werde, in das tiefste Verließ. Der Ritter und seine Kumpane aber lachten ob dieser Rede und seßten ihre ununterbrochenen Zechgelage nur noch ärger fort. Und als diese Frist abgelaufen, hatte Gott das Gebet des Mönches erhört. Unter fürchterlichem Krachen versank das Schloß sammt Allem, was darinnen war. Noch heute kann man am Jahrestage jenes Strafgerichts das versunkene Schloß durch den Spiegel des Sees in der Tiefe erblicken und das wilde Geschrei und Bechergeklirr der Zecher vernehmen. Nur dem schönen Burgfräulein, das keinen Theil an der bösen That ihres Vaters hatte, ist es an einem Tage gestattet, aus der schauerlichen Tiefe des Wasserkessels zu steigen. Dann irrt sie um den See herum und hofft auf die Begegnung eines frommen Christen, der den Bann zu brechen vermag. So traf sie einst dort einen jungen Bauernburschen aus Bernshausen. Dieser erwiderte freundlich den Gruß des Fräuleins und rief ihr, als nie recht herzhaft nieste, ein frisches Gott helf' Euch!" zu. Und als sie zum zweiten Mal nieste, wiederholte er auch seinen Spruch. Beim dritten Mal jedoch war er des "Gott helf Euch"- Sagens müde und brummte leichtfertig hin: "Ei, so hol' Euch der Kukuk mit Eurem Geniese.“ - Kaum waren die Worte seinem Munde entwischt, als die Jungfrau einen gellenden Schrei ausstieß und sich händeringend und jammernd in den See stürzte. Zu spät nun merkte es der erschrockene Bauer, mit wem er's eben zu thun gehabt und bereute jetzt bitterlich, daß er nicht auch zum dritten Mal das "Gott helf Euch!" ausgesprochen; dann wäre die Jungfrau von dem Banne erlöst gewesen und er ein reicher, glücklicher Mann geworden. So oft auch der Bursche von nun an wieder nach dem See ging, das Fräulein hat er nie wieder erblickt; aber die Hirten sahen sie dann und wann noch auf der Eller am See. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}