[[sagen:werra243| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra245| weiter >>>]] ====== Vom "thörichten See" bei Salzungen ====== Die hier folgende aus unten bezeichnetem Werke entnommene Sage schien dem Verfasser nicht unbemerkenswerth zu sein, daher glaubt er, ihr an dieser Stelle einen Raum gönnen zu dürfen. Der "thörichte See" liegt eine halbe Meile von Salzungen an einem wilden rauhen Orte, ist ins Gevierte 30 Schritte breit und lang, mit jungen Kiefern und der Pfuhl mit rothem Moos bewachsen, das Wasser geht eine Elle hoch darüber ohne Abfluß. Er soll unergründlich sein und ein solcher Ort, dazu sich Niemand gerne waget, weil schon die Nachbarn, die sich im dreißigjährigen Kriege dahin retirirt, viel Anfechtungen dabei ausgestanden. Insonderheit erzählen die umher Wohnenden, daß sich bisweilen viele ungeheuere Dinge und Gespenster da sehen lassen, von welchen zwei alte Männer, Christoph Hanstein und Hans Köttner ausgesagt, daß ihnen von ihren Vätern noch Folgendes als eine wahrhafte Begebenheit sei erzählt worden. Ein Mann von Sebastianberg, Georg Kastmann genannt, habe um dieselbe Gegend Feuerholz gemacht; zu diesem wäre ein schöner Reuter auf einem großen Pferde geritten gekommen, mit einer langen Spießruthe in der Hand, welcher den Holzhacker gegrüßet und gefraget, ob er den thörichten See wüßte. Da derselbe Ja geantwortet, hätte ihm der Reuter ein Trinkgeld versprochen, wenn er mit ihm ginge und den Ort zeigte. Da sie nun beide hinzugekommen, wäre der Reuter vom Pferd gesprungen und hätte gesagt: "Ich bin ein Wassermann und ist mir mein Weib von einem andern Wassermann entführet worden, die habe ich in der weiten Welt in vielen Wassern und Seeen gesuchet und doch nicht funden und soll sie nun in einem so garstigen und wilden Orte finden. Halt mir mein Pferd fest, daß es mir nicht nachspringet; ich will hinein und mein Weib herausholen." Darauf habe er mit seiner langen Ruthe in das Wasser geschlagen, daß es sich zertheilet, da wäre er hineingegangen. Und sobald er hineingegangen, hätte sich ein so groß jämmerlich Geschrei und Wehklagen erhoben, daß der Holzhacker nicht gewußt, wo er vor Angst bleiben sollte, weil sonderlich das Pferd sehr wild und ungeberdig worden und immer ins Wasser springen wollen. Mittlerweile wäre unter diesem Tumult das Wasser ganz roth geworden, und da hätte der Reuter sein Weib herausgebracht und gesagt, er hätte sich nunmehro an seinem Feinde gerochen und den Räuber, der ihm sein Weib entführt gehabt, erwürget, worauf er sich sammt dem Weibe aufs Pferd geschwungen und wäre davon geritten, doch habe er zuvor dem Holzhacker ein Beutelein, darinnen ein Kreuzer gewesen, zum Trinkgeld verehret, mit dem Versprechen, so oft er würde in diesen Beutel greifen, sollte er so viel, als jest darinnen wäre, finden. Der Ausgang habe es auch bestätiget, daß also dieser arme Mann viel Geld zusammenbracht, weil er das Hineinfühlen oft prakticiret. Da er sich aber des Beutels zu frei und sicher gebrauchte, sei er ihm entwendet worden, doch habe der Räuber Feinen Genuß davon gehabt." So schreibt C. Lehmann, Historischer Schauplatz der natürlichen Merkwürdigkeiten des Meißnischen Ober-Erz-Gebirges, Leipzig 1699. Ebenso spricht Tengel in seinen monatlichen Unterredungen vom Jahre 1695 im Octoberheft von den feurigen Drachen am Thörichten See bei Salzungen. Siehe F. A. Glafeys Kern der Geschichte des hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen. Frankfurt und Leipzig 1737. Welches von den Seen eigentlich der thörichte See war, hat der Verfasser bis jezt noch nicht ausfindig machen können, da der Büchensee nur eine Viertelmeile oberhalb der Stadt gelegen, auch gegen hundert Schritt im Geviert hält und bereits im 13. Jahrhundert unter dem Namen Büchensee in alten Urkunden vorkommt. Vielleicht lag er an der eine halbe Meile von der Stadt über dem Dorfe Hohleborn sich hinziehenden Bergwand und ist wohl ausgetrocknet. Dort wird noch eine Stelle die "Grube" und etwas westlich von dieser eine andere, im Walde grade unter der güldenen Pforte gelegene, die "Bastliete " (d. i. Sebastiansleite) genannt. Einige alte Leute von Langenfeld erinnern sich, dort oben noch die Fundamente von Gebäulichkeiten (vielleicht den Ort Sebastiansberg) gesehen zu haben. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}