[[sagen:werra213| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra215| weiter >>>]] ====== Vom Hempferlingsmüller zu Nenchendorf ====== Von Salzungen nach Langenfeld hin nahe bei letzterem Dorfe links ab von der neuen Straße lag der seit Jahrhunderten verschwundene Ort Nenchendorf. Die Mühle („Hempferlingsmölle“)((Henflingsmühle)) aber steht noch. Darin lebte nun vor langen Jahren ein wegen seiner strengen Redlichkeit weit und breit gar hochgeachteter Müller, über den, als er starb, die beiden Gemeinden von Langenfeld und Schneckinhusin((Schneckinhusin lag auf dem Schneckenberge und ist seit dem dreißigjährigen Kriege Wustung)) in heftigen Streit entbrannten, da eine jede das Recht in Anspruch nahm, den todten Ehrenmann, ihren Stolz, auf dem eigenen Gottesacker begraben zu lassen. Da nun keines der beiden in dieser Ehrensache dem andern nachgeben wollte, so brachten sie den Handel vor den Amtmann nach Salzungen. Diesem war ein solcher Fall noch nicht vorgekommen, und da er nicht wußte, was hier Rechtens, auch keiner der beiden Gemeinden zum Nachtheil reden wollte, so schlug er ihnen vor, den Sarg mit dem todten Müller auf dessen Karren zu laden, dem Pferde die Augen zu verbinden, es durch Peitschenhiebe anzutreiben und dann den Leichnam dahin zu beerdigen, wohin ihn sein Gaul führen werde. So sei die Sache dem Willen des Himmels anheimgestellt, und der wisse am besten, wo der Ehrenmann hingehöre. Solches waren die Bauern auch gern zufrieden, gingen heim und thaten am andern Tage, wie ihnen der Amtmann gerathen. Wie aber erstaunten die beiden versammelten Gemeinden, als der Klepper weder den gewohnten Weg nach Schneckinhusin, noch den nach Langenfeld, sondern den sogenannten alten Weg nach Salzungen einschlug und dann plötzlich grade unter dem am Wege stehenden Galgen mit der Leiche hielt. Versteinert und von Entsetzen ergriffen standen die Begleiter einen Augenblick still und sprachlos da, bald auf den Sarg, bald auf den Galgen blickend. Dann ließen sie den Müller Müller sein und gingen nach ihren Dörfern zurück mit dem trostlosen Bewußtsein, daß auch dem scheinbar ehrlichsten Müller der Schelm im Nacken sitzen könne. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}