[[sagen:werra182| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra184| weiter >>>]] ====== Von den Wichtelmännchen am Haspelsgraben bei Unterrohn ====== "Sie wissen doch," so erzählt die alte Tiefenorter Botenfrau, "daß zwischen Unterrohn und Tiefenort sich von den Werrawiesen ein kleines Thal bergauf zieht, das man den Haspelsgraben heißt, und daß rechts auf der Ecke des Berges einmal ein altes Schloß gestanden hat, von dem weiter nichts als der tiefe Graben, Kalk und Ziegelsteine noch da find . Nun sehen Sie, dort herum wohnen noch Wichtelmännchen. Sie sollen aber, wie ich von alten Leuten gehört habe, jezt dort über 10 Fuß unter der Erde stecken. Meine älteste Schwester, sie ist nunmehr längst todt, damals aber war sie noch ein junges, frisches Thier, die war auch einmal dort auf einem Acker am Schneiden, und da sie gerade ihr Kleines bei sich hatte und das Kind eingeschlafen war, so legte sie es nicht weit von dem Haspelsgraben auf ihre Jacke und deckte es mit der Schürze zu. Wie sie nun so eine Weile geschnitten hatte, da sagte einer der Schnitter: "Du, paß' auf Dein Kind auf, daß Dir's die Wichtel nicht umtauschen !" Meine Schwester aber sagte, das würden sie wohl bleiben lassen, sie sei ja hier immer in der Nähe. Es kam aber doch so; denn bald hörte sie ein gottesjämmerliches Geschrei. Da rief wieder der Schnitter: "Na, hörst Du denn nicht, wie Dein Kind schreit?" Meine Schwester aber und auch die Andern meinten, das sei das Kind nicht, das habe keine so miserable Schweinsgurgel, wie dort der Schreier. Das Gekreisch wurde aber immer ärger. Zuletzt kriegte meine Schwester von wegen der Wichtels doch eine solche Angst, daß sie nach ihrem Kinde hinlief. Den Schrecken aber, den sie erlebte, können Sie sich nicht denken, als sie die Schürze wegnahm und den abscheulichen Balg mit dem dicken Megenschädel und den winzig kleinen Augen vor sich sah. Sie machte einen Weltspektakel, allein was half's? Ihr Kind war einmal fort. Die Andern riefen und sie mußte wieder an's Schneiden. Als das Stück lag und der Struiß (Strauß) für die arme Frau aufgeputzt worden war((Es ist dies ein altgermanisches Dankopfer für den Erntesegen.)), und die Schnittersleute drum herum traten, der Vorschnitter seinen Spruch gethan hatte und das Lied gesungen war, da hörte auf einmal meine Schwester ihr eigenes Kind wieder schreien. Wie der Wind war sie bei ihm, und die Thränen flossen ihr über die Backen, als sie ihr Kleines wieder an sich drückte. Von der Pfaffenwiese und dem Grenzgraben bei Unter dem alten Steinköpfchen in der Nähe des Bahnwärterhäuschens bei Oberrohn liegt eine Wiese, die Pfaffenwiese genannt, auf die vor Zeiten der Geist eines gottlosen Pfaffen, der auf dem nahen Gute Oberrohn arg wirthschaftete, von einem Geisterbanner getragen wurde, und der heute noch die des Nachts vorüber Wandelnden erschreckt. Auch bewegt sich dort um Mitternacht ein Leichenzug im gemessenen Schritte in dem nach dem Oberrohner Wald sich hinziehenden Grenzgraben. - Wer dem Zug begegnet, muß im Laufe des Jahres sterben. //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}