[[sagen:werra159| <<< zurück]] | **[[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra]]** | [[sagen:werra161| weiter >>>]] ====== Von den Wichteln am Wackenhof ====== a) Der Schäfer von Kupfersuhl trieb einmal dort droben nicht weit vom Wackenhof auf der Trift an den alten Schachten vorbei. Da kam aus einem der Löcher in der Nähe des Teiches auf einmal ein kleiner Wichtel herausgehüpft, drehte sich auf dem Absatz herum und rief in das Loch hinein: „Werft mir einmal mein schwarz Käppchen heraus!“ und plautz! kam eins geflogen. Der Wichtel sezte es auf und fort war er. Da dachte der Schäfer: „Hm! Willst es auch einmal probiren!“ trat vor das Loch und rief: „Werft mir einmal mein schwarz Käppchen heraus!“ und plauz! hatte er auch eins. Der Schäfer setzte es ebenfalls auf und sogleich sah er auch wieder den Wichtel vor sich stehen. Die Beiden machten nun Freundschaft, und der Schäfer versprach mit dem Wichtel zu ziehen. Darauf gab ihm der Kleine noch allerlei guten Rath und meinte, es würde Alles gut gehen, wenn er sich unterwegs nur vor Speisen hüten könne, in denen Kümmel sei. Der Schäfer versprach auch dieses und fort ging's durch die Lüfte. Als sie gegen Mittag hungrig auf einem Pachtershof einkehrten, setzten sie sich ungesehen zu den Leuten an den Tisch und ließen sich's herrlich schmecken. Auf einmal kam aber Zwiebelbrühe mit Kümmel; der Wichtel legte den Löffel bei Seite. Unser Schäfer aber vergaß sich richtig, und kaum hatte er etwas davon zu sich genommen, so wurde ihn auch die ganze Tischgesellschaft gewahr, und der verblüffte Pachter nahm ihn gehörig her. Er mußte beichten, woher er sei und wie er so plötzlich unter sie gekommen und war froh, daß er, obgleich verhöhnt und verspottet, den weiten Rückweg mit heiler Haut wieder antreten durfte. b) "Mein Vater selig", sagte der Christian von Wackenhof, "hat's genugmal erzählt, wie's vordessen auch hierum von Wichteln gewiebelt und gewabelt hat; wer sie nur so hat sehen können. Bei uns hier auf dem Wackenhof hatten sie sich sonst auch eingenistet und waren den Knechten und Mägden gar behülflich bei der Arbeit. Hunde und Pferde dagegen mochten sie nicht leiden und übten an diesen allen Schabernack aus. Nun hatte ich glaub', es war mein Eltervater dieser einen Schimmel in dem Stalle, den durfte er kämmen und striegeln wie er wollte, am andern Morgen war er wieder so struppig und widerhaarig wie zuvor, und Mähne und Schwanz waren jedesmal in so miserable Zöpfe geflochten, daß sie kaum wieder auseinander "gekluppert" werden konnten. Und das hatten nur die Wichtel gethan. In späterer Zeit aber muß etwas hinter sie gekommen sein, denn sie waren auf einmal auf und davon. Wohin? Wer kann das wissen. Mein Vater hat nur gehört: Zu jener Zeit sei ein kleiner Kerl zu einem Fährmann an die Werra gekommen und habe dem Fährmanne eine Metze der kostbarsten Würze versprochen, wenn er die Nacht über Frachtgut, ohne zu fragen was er überfahre, an das jenseitige Ufer schaffen wollte. Der Fährmann sei darauf eingegangen und habe auch seine Schuldigkeit gethan. Als nun der Morgen. gegraut, wäre der Fährmann aber doch neugierig gewesen und hätte den Kleinen gefragt, was er denn für schwere unsichtbare Fracht über das Wasser geschafft. Da habe das Männlein gelächelt und ihm gesagt: "Tritt hinter mich und schaue mir einmal über die Schultern!" und da habe denn der Fährmann gesehen, wie es auf der ganzen Wiese von Wichteln gewiebelt und gewabelt hätte. Und als er darauf nach seinem Lohne gefragt, da hätte ihm der Kleine eine Metze Salz als die kostbarste Würze, die es gäbe, überreicht und sei darauf vor seinen Augen verschwunden. “ //Quellen:// * //[[autor:wucke|C. L. Wucke]] - [[buch:werrasagen|Sagen der mittleren Werra nebst den angrenzenden Abhängen des Thüringer Waldes und der Rhön]], Salzungen 1864// ---- {{tag>sagen wucke werrasagen thüringen werra v0}}