[[sagen:vsuvdl018|<<< vorherige Seite]] | **[[buch:volkssagen_und_volksthuemliche_denkmale_aus_der_lausitz|Volkssagen und volksthümliche Denkmale aus der Lausitz]]** | [[sagen:vsuvdl020|nächste Seite >>>]] ====== Die verbannten Bauernburschen ====== Auf dem von [[geo:Kamenz]] nach [[geo:gersdorfhaselbachtal|Gersdorf]] über das Dorf [[geo:gelenau|Gölenau]] hinführenden Wege geht man ungefähr eine Viertelstunde vom letzten Orte durch ein mit mancherlei Gesträuch bewachsenes Büschchen, nach welchem man links zu einem kleinen Teiche gelangt. Die Gegend nennt man im Allgemeinen das gölenauer Weidig. Das ist ein gar unheimlicher Ort. Aechzen und Seufzen, Zischen, Schnarren und Pfeifen, manchmal mit Wehklagestimmen vermischt, ertönt, es zeigen sich in der Luft wunderbare Gestalten, wie auf der Erde so im Wasserspiegel, des einsamen Wanderers Blicken, die ihn auf mancherlei Art und Weise necken, irre führen und mit schadenfrohem Hohngelächter verlassen. Kreischende Stimmen vernimmt man aus dem wild vom Sturm bewegten Rohr, aus welchem oft kleine blaue Flämmchen hüpfen. Ja, manchmal [[wesen:aufhucker|hocken]] die hämischen Geister dem Waller auf, beschweren ihn mit bedeutender Last, ihn nicht eher verlassend, als bis er durchschwitzt und ermüdet niedersinkt und entweder einen barmherzigen Samariter, der ihn aufhebt, erwarten, oder sich unter Aengsten und Mühen mit zermalmten Gliedmaßen in’s nächste Dorf schleppen muß. Nicht selten erscheint sogar ein scheußliches Ungeheuer, welches, wie Kaliban in Shakespears Sturm, weder Mensch noch Fisch ist, und verfolgt in großer Eidechsengestalt den Reisenden, tritt ihm – schreitet er vorwärts – in den Weg, versperrt selbigen – wenn er rückwärts will – und schießt, gleich einem Stachelschweine, seine Pfeile nach ihm, welche – obgleich unempfindbar – doch Beulen, Blutstriemen und Wunden auf dem Leichname zurücklassen. Die Ursache dieses Spuks ist diese: Im Jahre 1537 am Vorabende des Christtages zog eine Gesellschaft junger, wüster Burschen – wie man sie auf unsern Jahrmärkten noch jetzt überall sehen und hören kann – in das freundliche Landstädtchen [[geo:Pulsnitz]], und kehrte, nachdem sie eine weite Runde gemacht, in der vierten Nachmittagsstunde wiederum in ihre Heimath, das Dorf [[geo:neukirchkönigsbrück|Neukirch]], den Umweg über [[geo:Kamenz]] – um daselbst noch süße Honigkuchen zu kosten – nehmend, zurück. Wegen des zu viel genossenen geistigen Getränks aber, und da noch überdieß ein heftiges Schneegestöber eingetreten war, kamen sie im Taumel vom rechten Wege ab. Unwirrsch darob entluden sie sich durch Schimpfen und Fluchen ihres Grimms, wovon sie ein von [[geo:gersdorfhaselbachtal|Gersdorf]] mit seinem Sakristan kommender Mönch (woselbst er Amtsverrichtungen gehabt hatte) auf eine freundliche Art und Weise abmahnen wollte. Allein Spott und Hohn wurde ihm von der wilden Rotte zu Theil, welche ihre Worte reichlich mit Schneeballen besiegelte. Da ergrimmte – wie ehemals der Prophet Elisa – der Heilige in Zorn, und verbannte die Wüstlinge in jenen bei [[geo:gelenau|Gölenau]] gelegenen Teich, wo sie bis heute noch ihr böses Spiel treiben, wogegen weder Beten noch Fluchen den Reisenden schützt. //Quelle:// * //Heinrich Gottlob Gräve: Volkssagen und volksthümliche Denkmale der Lausitz. Reichel, Bautzen 1839, Seite 75;// ---- {{tag>sagen gräve volkssagenundvolksthumlausitz oberlausitz gelenau gersdorfhaselbachtal 1537 neukirchkönigsbrück fluch hohn spott mönch aufhucker spuk Schneegestöber v2}}