[[sagen:veckenstedt066|<<< vorherige Sage]] | **[[capitel:xliii._die_schlangen|XLIII. Die Schlangen]]** | [[sagen:veckenstedt068|nächste Sage >>>]] ====== Die Sage vom Wendenfürsten und den Schlangen ====== Lehde Vor langen Jahren waren die [[volk:sorben|Wenden]] noch ein mächtiges Volk. Sie führten mit den Nachbarvölkern Krieg und machten Raubzüge in ihr Gebiet. Auf einem dieser Züge machten sie eine grosse Menge von Gefangenen. Unter denselben befand sich eine schöne, blonde Frau, welche die Gemahlin eines mächtigen Fürsten war, der sein Gebiet in weiter Ferne hatte. Die Frau lernte die Sprache der Wenden. Darauf erzählte sie viel von ihrer fernen, schönen Heimath. Ihre Sehnsucht nach der Heimath war so gross, dass sie derselben nach einem halben Jahre erlag, nachdem sie einem Sohn das Leben gegeben hatte. Der Knabe war ein schönes, liebliches Kind. Deshalb nahm ihn eine [[wesen:Zauberin]] an und erzog ihn, sie hoffte durch ihn noch einmal ihr Glück zu machen. Als aus dem Knaben ein Jüngling geworden war, hielt er sich stets im [[region:Spreewald]] auf. Er liebte die Bäume über Alles und die Schlangen waren seine besten Freunde. Fortan durfte kein Wende mehr eine Schlange tödten. In Folge davon thaten die Schlangen keinem Wenden mehr etwas, dem Jüngling aber wandten sie alle ihre Gunst zu. Sass er im Walde auf einem Baumstamm, so kamen sie herbei und umspielten ihn. Sie zeigten ihm auch heilkräftige Kräuter, welche die Menschen schön und stark machen. Eines Tages war der Jüngling wieder im Spreewalde. In der Ferne hörte er den Lärm eines Jagdzuges. Er mied den Lärm und drang tiefer in den Wald ein. Plötzlich sah er ein junges, blühendes Weib, das angstvoll die Augen auf eine Schlange geheftet hatte, welche eben im Begriff war, die Fremde in den Fuss zu stechen. Der Jüngling liess sofort einen Pfiff erschallen und die Schlange zog sich zurück. Die schöne fremde Frau reichte ihrem Erretter die Hand und sprach ihm ihren Dank aus. Indem kam ihr Gemahl, ein fremder, deutscher Fürst, zur Stelle. Sie erzählte ihm ihre Gefahr und ihre Rettung, Der Fürst, ein alter, hässlicher Mann, stellte sich, als ob er dem Erretter seiner Frau sehr dankbar sei. Er lud ihn zu sich in sein Zelt und bewirthete ihn dort reichlich. In der Nacht aber gab er einem seiner Kriegsknechte den Befehl, er solle den Fremdling tödten. Dieser lag im tiefsten Schlaf. Plötzlich erweckte ihn ein lauter Schrei: er sprang erschreckt von seinem Lager auf. Da sah er einen Kriegsmann mit gezücktem Schwert sterbend am Boden liegen, eine Schlange hatte denselben in den Fuss gestochen. Sofort erkannte er den Zusammenhang des Geschehenen. Die Schlange, welche ihn gerettet hatte, gab ihm ein Zeichen, er solle ihr folgen. Das that er. Die Schlange geleitete ihn sicher und unbemerkt durch die Mannen des fremden Fürsten. Darauf führte sie ihn an einen freien, lichten Platz, auf welchem sich ein kleiner Hügel befand. Vor demselben machte die Schlange Halt und deutete ihm an; er solle den Hügel durchsuchen. Das that der Jüngling. Da fand er im Hügel das alte Schwert und den Schatz der Wenden. Als er sich mit dem Schwert umgürtet hatte, erkannten ihn die Wenden als ihren Herrn und Führer an. Schnell sammelte er eine Schaar von Wendenkriegem um sich. Mit diesen erstürmte er die Burg des fremden Fürsten und erschlug denselben mit eigener Hand. Die junge Fürstin aber ward sein Weib. Darauf erbaute er sich von dem Schatz der Wenden in der Stadt [[geo:lübbenauspreewald|Lübbenau]] ein Schloss. Da er den Schlangen all sein Glück verdankte; so hielt er dieselben in hohen Ehren. Auch seine Nachkommen haben die Schlangen hoch und heilig gehalten. Seine Nachkommen aber sind die jetzigen Grafen [[familie:vonlynar|Lynar]]. //Quelle: [[autor:veckenstedt|Edmund Veckenstedt]]: [[buch:wendischesagen|Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche]]. Leuschner & Lubensky, Graz 1880// ---- {{tag>sagen veckenstedt wendischesagen niederlausitz schlange sorben vonlynar lübbenauspreewald schwert schatz zauberin rettung v2}}