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====== Die blaue Blume ====== | ====== Die blaue Blume ====== | ||
- | Vor Zeiten lebte ein Hirt in dem gewaltigen Bergland, das heute [[region:tirol|Tirol]] heißt. Der war der geschickteste Jäger weit in den Tälern. So hielt er Bären und Wölfe von seiner Herde fern und schoß auch manch edles Wild. | + | Vor Zeiten lebte ein Hirt in dem gewaltigen Bergland, das heute [[region: |
Einmal stand er auf hoher Alm unter den friedlich äsenden Lämmern, und seine Blicke glitten weit über die Felsen. Da erblickte er einen Gemsbock mit goldenem Horn schußnah auf den Steinen. Schnell war der Bogen gespannt und angelegt. Aber der Pfeil ritzte dem flüchtigen Tier nur die Lende und schwirrte ins Tal. Der Hirt sprang ihm nach. Der Bock stutzte und wartete, floh wieder aus dem Schuß, und so ging das Spiel der Verfolgung von Zacke zu Zacke bis dicht an den Gletscher. Da öffnete sich ein gläsernes Tor, und der Bock tauchte ein in die kühle Nacht. | Einmal stand er auf hoher Alm unter den friedlich äsenden Lämmern, und seine Blicke glitten weit über die Felsen. Da erblickte er einen Gemsbock mit goldenem Horn schußnah auf den Steinen. Schnell war der Bogen gespannt und angelegt. Aber der Pfeil ritzte dem flüchtigen Tier nur die Lende und schwirrte ins Tal. Der Hirt sprang ihm nach. Der Bock stutzte und wartete, floh wieder aus dem Schuß, und so ging das Spiel der Verfolgung von Zacke zu Zacke bis dicht an den Gletscher. Da öffnete sich ein gläsernes Tor, und der Bock tauchte ein in die kühle Nacht. | ||
- | Wie nun der hitzige Hirt an das Tor kam, gewahrte er in der Tiefe fern einen Schein und folgte dem lockenden Licht. So gelangte er denn in eine mächtige Halle. Wände und Wölbungen blinkten vom edlen Kristall, und aus den Pfeilern sprühte ein lockendes Licht wie von tausend Granatsteinen. Hinter glasklaren Wänden erkannte der Jäger blumige Matten und grünende Gründe. Inmitten dieser Rotunde aber stand ein erhabenes Frauenbild. Der goldene Gürtel umschloß ihr wallendes Silberkleid, | + | Wie nun der hitzige Hirt an das Tor kam, gewahrte er in der Tiefe fern einen Schein und folgte dem lockenden Licht. So gelangte er denn in eine mächtige Halle. Wände und Wölbungen blinkten vom edlen Kristall, und aus den Pfeilern sprühte ein lockendes Licht wie von tausend Granatsteinen. Hinter glasklaren Wänden erkannte der Jäger blumige Matten und grünende Gründe. Inmitten dieser Rotunde aber stand ein erhabenes Frauenbild. Der goldene Gürtel umschloß ihr wallendes Silberkleid, |
Da sprach die Erscheinung: | Da sprach die Erscheinung: | ||
- | Der Hirt blickte rund und fehlte wenig, so wäre da die Macht seiner Sinne vergangen. Das Beste zu finden im Glanz dieser Dinge, erschien ihm unmöglich. Da gewann sein Auge die Ruhe zurück im Blick auf die Blüten. Er bat: "Gib die!" | + | Der Hirt blickte rund und fehlte wenig, so wäre da die Macht seiner Sinne vergangen. Das Beste zu finden im Glanz dieser Dinge, erschien ihm unmöglich. Da gewann sein Auge die Ruhe zurück im Blick auf die Blüten. Er bat: "Gib die!" "Du hast das Beste erwählt", |
- | "Du hast das Beste erwählt", | + | |
Ein Donnerton riß dem Hirten den Dank vom Mund, und er sank in Schlaf. Zwischen Eisgebilden und Felsen am Gießbach fand er sich wieder. Aber das gläserne Tor war verschüttet, | Ein Donnerton riß dem Hirten den Dank vom Mund, und er sank in Schlaf. Zwischen Eisgebilden und Felsen am Gießbach fand er sich wieder. Aber das gläserne Tor war verschüttet, | ||
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So hat denn der Mann im Winter mit tanzender Spindel den ersten Faden gedreht. So wob er aus Kette und Schuß das erste Geflecht einer grauen Leinwand. Und als die Frühlingssonne über die grüne Bleiche strich, bleichte das Tuch am Wiesenbach so weiß wie Schnee. Daraus wurde das erste Hemd zugeschnitten und später das erste Kleid genäht. So wuchs aus der unscheinbaren Blume ein großer Segen für alle Menschen. Denn bald erkannten alle die Wohltat und Schönheit des leichten Gewandes, legten über Sommertag die plumpen Pelze und groben Wolljacken ab, dankten dem Hirten und priesen seine Erfindung. | So hat denn der Mann im Winter mit tanzender Spindel den ersten Faden gedreht. So wob er aus Kette und Schuß das erste Geflecht einer grauen Leinwand. Und als die Frühlingssonne über die grüne Bleiche strich, bleichte das Tuch am Wiesenbach so weiß wie Schnee. Daraus wurde das erste Hemd zugeschnitten und später das erste Kleid genäht. So wuchs aus der unscheinbaren Blume ein großer Segen für alle Menschen. Denn bald erkannten alle die Wohltat und Schönheit des leichten Gewandes, legten über Sommertag die plumpen Pelze und groben Wolljacken ab, dankten dem Hirten und priesen seine Erfindung. | ||
- | Der glückliche | + | Der glückliche Weber hat Kinder und Kindeskinder erlebt. Und noch immer blühte [[wesen: |
Im Osten stieg eben der Mond hoch, und aus der Höhle rief ihn das alte Licht. Da ist er gelassen eingetreten. Hinter ihm hat der Berg sich donnernd geschlossen, | Im Osten stieg eben der Mond hoch, und aus der Höhle rief ihn das alte Licht. Da ist er gelassen eingetreten. Hinter ihm hat der Berg sich donnernd geschlossen, | ||
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